Auch Tiefsee ist extrem artenreich

Die Tiefsee ist deutlich artenreicher als bisher angenommen. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler des Forschungsprogramms Census of Marine Life. Bei der ersten Zwischenbilanz des „Meeresinventars“ mit Hilfe von technischen Equipment, sind die Forscher auf mindestens 17.600 verschiedene Arten gestoßen. In Zukunft könnten einige davon auch für die Technik oder Medizin wichtig sein.

„Wir wissen über die Tiefsee von 500 Metern Tiefe abwärts kaum etwas“, so Robert Carney von der Louisiana State University im pressetext-Interview. „Uns hat interessiert, welche Lebewesen im freien Wasser und am Meeresgrund leben.“ Die Lebenwesen, die in diesen Regionen leben sind auch morphologisch von großem Interesse.

Große Relevanz für besseres Verständnis der Ökologie

„Viele der Tiere, die in der Wassersäule leben, erzeugen mit Lichtorganen ihr eigenes Licht, einerseits um Beutetiere zu fangen, andererseits um eventuelle Sexpartner anzulocken“, so Mike Vecchione von der Smithsonian Institution gegenüber pressetext. Vecchiones Team hat während zwei Forschungsreisen in diesem Jahr mehrere verschiedene seltene Cirrentragenden-Kraken (Dumbo-Oktopus) am Mid-Atlantic-Ridge geborgen.

„Die Bergung vieler Lebewesen aus diesen Tiefen sind äußerst kompliziert, da sie sehr häufig eine ähnliche Konsistenz haben wie Quallen und in dem Augenblick, in dem sie mit Netzen an die Wasseroberfläche kommen, zerstört sind“, so der Forscher. „Wir waren sehr erstaunt, in diesen Tiefen derart viele Tiere zu finden.“ Die Cirrentragenden Kraken gehören zu den größten Lebewesen in diesen Tiefen.

Biologische Wunder am Meeresgrund

Auch Lebewesen, die den Meeresboden besiedeln, interessieren die Forscher sehr. „Wir wissen kaum, wie Tiere diesen immensen Druck in 12.000 Metern Tiefe aushalten und welche chemischen Voraussetzungen sie erfüllen müssen“, so der Tiefsee-Experte Paul Snelgrove gegenüber pressetext. „Wir gehen davon aus, dass in diesen Regionen, vor allen in Tiefsee-Kaltwasserkorallen und Schwämmen, neue medizinische Wirkstoffe verborgen sind, die in der Zukunft der Medizin eine große Rolle spielen werden“, meint Carney.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt sind auch die zahlreichen heißen Quellen in der Tiefsee. „Hier leben erstaunlich große Mengen von wirbellosen Tieren wie etwa Muscheln, Schnecken, Krebse und Würmer“, erklärt Snelgrove. Seit dem Projektstart von ChEss (Biogeography of Deep-Water Chemosynthetic Ecosystems) im Jahr 2003 konnten die Forscher 170 neue Tierarten entdecken.

Große Gefahr für Tiefsee durch den Menschen

„Mit dem Abnehmen der Fischerträge in den seichteren Gewässern greift nun der Mensch auf Vorräte in der Tiefsee zurück“, meint Carney. „Wir wissen vom größten Ökosystem der Welt am wenigsten. Nun droht Ausbeutung und Umweltverschmutzung.“ Dabei sei nicht bekannt, welche Auswirkungen dies auf das Ökosystem hat. „Wir wissen zu wenig, um die bisher verschont gebliebene Umwelt einfach auszubeuten“, so der Forscher abschließend.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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