Mini-Moleküle kontrollieren Proteinproduktion
Die passgenaue Menge an Eiweiß, die eine Zelle produziert, wird durch kleine RNA-Moleküle kontrolliert und reguliert. Dies haben Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin herausgefunden. Die Regulationsmechanismen der Proteinproduktion sind unter anderem für das Verständnis von Krebs-Genen von Bedeutung. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Science* veröffentlicht.
Die Ribonucleinsäure (RNA) übersetzt die Erbinformationen, die in der Desoxyribonucleinsäure (DNA) gespeichert sind, in Eiweiße. Dieser Prozess wird als Translation bezeichnet. Allerdings ist die RNA nicht nur – wie lange angenommen – bloßer Arbeitsspeicher der DNA, sondern sie übernimmt auch viele regulative Aufgaben in den Zellen.
So sind MicroRNAs eine Klasse kurzer RNA-Moleküle, die die Produktion wichtiger Proteine in der Zelle steuern. Dabei begrenzen sie zum einen die Translation und zum anderen sorgen sie für den beschleunigten Abbau von Messenger-RNAs.
Auf diese Weise verringern sie insgesamt die Menge des von der Zelle hergestellten Proteins. Viele Proteine, deren falsche Regulation Krankheiten auslöst, werden von unterschiedlichen microRNAs gesteuert. Bislang ging man davon aus, dass diese Moleküle die Produktion eines Proteins auf bestimmte Zelltypen oder Organe begrenzen.
Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe Computational Modelling in Medicine des Instituts für Pathologie und des Integrative Research Instiutes for the Life Sciences haben zusammen mit Kollegen der Harvard Medical School und des Massachusetts Institute of Technology nun zeigen können, dass microRNAs die Genauigkeit der hergestellten Proteinmenge kontrollieren. Zunächst haben die Forscher mithilfe eines mathematischen Modells die Prozesse der Proteinproduktion simuliert. Sie haben am Computer nachvollziehen können, dass microRNAs die Präzision der Proteinproduktion verbessern. Die Ergebnisse dieser Simulationen konnten sie mit Messungen der Proteinproduktion in einzelnen Zellen experimentell bestätigen.
„Wir haben Hinweise, dass die passgenaue Regulation der Menge, in der ein Protein hergestellt wird, insbesondere für das Verständnis von Onkogenen und Tumorsuppressoren interessant ist“, sagt Prof. Nils Blüthgen. Er fügt hinzu: „Wenn beispielsweise zu viel von einem Onkogen vorhanden ist, kann dieses Tumore initiieren. Mit der Studie haben wir die Grundlage gelegt, um nun spezifisch weiter erforschen zu können, wie wir die komplexe Regulation einzelner Proteine durch sehr viele microRNAs verstehen und vielleicht auch nutzen können.“
*Schmiedel JM, Klemm SL, Zheng Y, Sahay A, Blüthgen N, Marks DS, van Oudenaarden A. Gene expression. MicroRNA control of protein expression noise. Science. 2015 Apr 3; 348(6230):128-32. doi: 10.1126/science.aaa1738.
Kontakt:
Prof. Dr. Nils Blüthgen
Institut für Pathologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 2093 8924
nils.bluethgen@charite.de
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