Mehr als nur auf den Leim gegangen
Insekten, die in Kontakt mit den Blättern der Südafrikanischen Taupflanze Roridula gorgonias kommen, sind rettungslos verloren: Binnen weniger Augenblicke verfängt sich das zappelnde Opfer im klebrigen Sekret der Pflanzenhaare und sein Tod ist besiegelt. Wissenschaftler haben nun entdeckt, wie die Pflanze ihre Beute am Entkommen hindert. (Journal of Experimental Biology, 15. September 2009)
Dagmar Voigt, Elena Gorb und Stanislav Gorb vom Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart und der Christian-Albrechts-Universität in Kiel haben den Aufbau dieser Klebefalle untersucht und dabei die Flexibilität der Klebehaare und die Klebekraft ihres Sekrets gemessen. Demnach gibt es drei Arten von Drüsenhaaren auf den Blättern: lange dünne Haare von 3,3 – 5 Millimeter Länge, mittellange Haare (1-2,4 Millimeter) und kurze dickere Haare (0,3 – 0,7 Millimeter).
Die langen dünnen Haare sind besonders flexibel, produzieren aber ein schwächeres Klebsekret als die übrigen Haare. Die mittellangen sind fast 4-mal steifer und sondern ein 1,5-mal klebrigeres Sekret ab. Die kurzen Härchen sind sogar fast 50-mal steifer und verbiegen sich nur an ihrer Basis. Ihr Sekret ist rund 9-mal klebriger als das der langen Haare. Es hält einer Kraft von 156 Kilopascal stand und weist damit fast die 4-fache Stärke von kommerziellem Fliegenfängerklebstoff auf. Ein Quadratzentimeter einer 130 Millionstel Millimeter dünnen Schicht des Roridula-Sekrets kann rund 1,5 Kilogramm Gewicht halten.
Hierarchischer Fangapparat
Die Forscher vermuten, dass die Taupflanze ihre Opfer mit einem ausgeklügelten System aus Klebehaaren in die Falle lockt und festhält. „Die verführerisch glitzernden Sekrettropfen locken viele Insekten an. Zuerst streifen diese die langen Haare und haften daran. Bei dem Versuch sich zu befreien, verbiegen sie diese und ziehen das Klebsekret in lange Fäden“, erklärt Dagmar Voigt vom Max-Planck-Institut für Metallforschung. Dadurch berühren die Insekten zunehmend mittellange Haare und verfangen sich mehr und mehr. Gleichzeitig werden ihre Bewegungen durch die dämpfenden Eigenschaften der Haare und der klebrigen Sekrete abgeschwächt. Schließlich kommt die Beute in Kontakt mit dem besonders starken Klebstoff der kurzen, steifen Härchen der Pflanze, die das Opfer endgültig festhalten. „Ein solcher hierarchischer Aufbau pflanzlicher Klebefallen könnte möglicherweise auch Vorbild für neue künstliche Klebesysteme sein“, sagt die Wissenschaftlerin.
Wanze mit Anti-Haftbeschichtung
Manche Insekten haben allerdings gelernt, sich vor dem tückischen Fangmechanismus zu schützen. So haben die Stuttgarter und Kieler Forscher bereits letztes Jahr herausgefunden, dass die Wanze Pameridea roridulae von einer besonders dicken Schmierschicht auf ihrem Außenskelett bedeckt ist, an der das Sekret der Klebehaare nicht haften kann. Die Wanze kann deshalb auf der Taupflanze ohne festzukleben umherspazieren und sich von anderen, weniger gut ausgerüsteten Insektenarten ernähren. Denn mit ihrer Beute allein kann die südafrikanische Roridula gorgonias gar nichts anfangen: Ihr fehlen nämlich Verdauungsenzyme, um ihren Fang zu verwerten. Vielmehr lebt sie mit den Wanzen in einer Symbiose, denn ihre Blätter absorbieren die Exkremente der Wanzen. Dadurch erhält die Pflanze in ihrem nährstoffarmen Lebensraum eine zusätzliche Stickstoffquelle.
Originalveröffentlichung:
Voigt, D., Gorb, E. and S. Gorb
Hierarchical organisation of the trap in the protocarnivorous plant Roridula gorgonias (Roridulaceae)
Journal of Experimental Biology 2009, doi:10.1242/jeb.034280
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Dagmar Voigt
Max-Planck-Institut für Metallforschung, Stuttgart
Tel.: +49 (0)711 689-3456
E-Mail: voigt@mf.mpg.de
Prof. Stanislav N. Gorb
Zoologisches Institut, Christian-Albrechts-Universität Kiel
Tel.: +49 (0)431-8804513
E-Mail: sgorb@zoologie.uni-kiel.de
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