Licht an für keimfreie Wundauflagen – Biomimetisches Hydrogel mit photodynamischer antimikrobieller Wirkung
Wird das Hydrogel mit rotem Licht bestrahlt, produziert es reaktive Sauerstoffspezies. Diese töten Bakterien und Pilze ab. (c) Wiley-VCH
Ein Hydrogel ist ein molekulares Netzwerk, in dessen „Maschen“ Wasser eingelagert ist. Antimikrobielle Hydrogele lassen sich z.B. durch Einmischen oder Anknüpfen antimikrobieller Komponenten an ein polymeres Gel herstellen.
Die Forscher von der Hebei University of Technology, Tianjin (China), der Radboud University, Nijmegen (Niederlande), sowie der University of Queensland, Brisbane (Australien), wählten einen alternativen Weg und nahmen die photodynamische antimikrobielle Chemotherapie zum Vorbild.
Dabei werden sogenannte Photosensibilisatoren durch Licht in einen angeregten Zustand versetzt. Durch einen strahlungslosen Übergang gelangt der Photosensibilisator in einen anderen, langlebigen Anregungszustand. Dabei kann Energie auf Sauerstoffmoleküle übertragen werden. So entstehen hochreaktive Sauerstoffspezies, die Mikroben abtöten.
Bisherige synthetische Gele mit photodynamischen antimikrobiellen Aktivitäten sind jedoch meist weder biokompatibel noch bioabbaubar. Produkte aus biologischen Quellen bergen dagegen das Risiko von Kontaminationen oder Immunreaktionen und liefern schlecht reproduzierbare Resultate.
Das Team um Chengfen Xing meisterte diese Herausforderung durch die Verwendung vollsynthetischer Hydrogele mit biomimetischen, das heißt biologische Systeme nachahmenden, Eigenschaften. Ihre Wahl fiel auf ein Polymer mit einem wendelförmigen Rückgrat (Polyisocyanid mit aufgepfropften Ethylenglykol-Ketten), das poröse hochbiokompatible Hydrogele mit faserartiger Architektur bildet, die Biogelen auf der Basis von Kollagen und Fibrin in Struktur und mechanischen Eigenschaften ähnelt.
Ein solches Hydrogel kombinierten die Forscher mit einem Photosensibilisator auf Basis eines Polythiophens. In Lösung liegt es als ungeordnetes Knäuel vor und absorbiert violettes Licht. Eine Einlagerung in die wendelförmigen Bereiche des Hydrogels bringt die Polythiophene in eine gestreckte, aufgereihte Anordnung.
In dieser Form ist die Absorption wesentlich stärker und in den roten Spektralbereich verschoben. Dies ist günstiger, da rotes Licht tiefer eindringen kann und den Farbstoff weniger stark ausbleicht.
So erhielten die Forscher ein Gel mit hervorragenden antimikrobiellen Effekten gegenüber Bakterien wie E. coli und B. subtilis sowie Pilzen wie C. albicans, das als Ansatzpunkt für Wundauflagen mit „eingebautem Infektionsstopper“ dienen könnte.
Die Vorteile dieser Art der Keimbekämpfung: Sie ist nichtinvasiv und ihre Wirkung ist räumlich und zeitlich gut kontrollierbar. Auch Antibiotika-resistente Keime lassen sich abtöten und das Risiko, neue Resistenzen zu verursachen, ist wesentlich geringer.
Angewandte Chemie: Presseinfo 33/2019
Autorin: Chengfen Xing, Hebei University of Technology (China), xingc@hebut.edu.cn
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.
Ansprechpartner für Medien
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Niedertemperaturplasmen: Die maßgeschneiderte Welle
Plasmen werden in der Industrie zum Beispiel eingesetzt, um Oberflächen gezielt zu verändern, etwa Brillengläser oder Displays zu beschichten oder mikroskopische Kanäle in Siliziumwafer zu ätzen – eine Milliarden-Dollar-Industrie. Allerdings…
Innovationen durch haarfeine optische Fasern
Wissenschaftler der Universität Bonn haben auf ganz einfache Weise haarfeine, optische Faser-Filter gebaut. Sie sind nicht nur extrem kompakt und stabil, sondern auch noch in der Farbe abstimmbar. Damit lassen…
So schlank werden die Häuser der Zukunft
Ingenieurinnen und Ingenieure der HTWK Leipzig erforschen neue Materialien, um Gebäude nachhaltiger zu machen und Ressourcen zu sparen In der Einsteinstraße in Dresden entsteht aktuell ein Haus, das einen Einblick…