Krebstherapie mit körpereigenem Protein: Leipziger Forschungsteam eröffnet Alternativen zur Chemo

Diagnose Krebs versetzt Betroffene wie Angehörige in Angst und Schrecken. 13 Prozent aller Sterbefälle sind auf Krebs zurückzuführen – fast jeder vierte Deutsche ist im Laufe seines Lebens mit dieser Nachricht konfrontiert. Unvorhersagbare Therapieerfolge und ein Konglomerat möglicher Nebenwirkungen tragen zur Verunsicherung bei.

Dabei unterscheiden Wissenschaftler zwischen den gutartigen, sich nicht ausbreitenden und nicht weiterwachsenden, Krebsarten und den sogenannten malignen Geschwüren, die unkontrolliert wachsen, sich im menschlichen Körper ausbreiten beziehungsweise metastasieren und schnellstmöglich therapiert werden müssen.

Das Augenmerk des 10-köpfigen Leipziger Forschungsteams liegt auf der Beeinflussung des malignen Zellwachstums der Gliazellen. Diese bilden das Stützzellengewebe, in welchem die Nervenzellen des Gehirns eingebettet sind. Das entartete Wachstum der Gliazellen charakterisiert einen der bösartigsten Gehirntumore, da es unter anderem mit einem exzessiven und gefährlichen Wachstum der Blutgefäße und einer Penetration ins Nervenzellgewebe einhergeht.

Beeinflusst wird das invasive Zellwachstum durch die Gabe eines körpereigenen, aus dem menschlichen Blut gewonnenen, Proteins namens α2-Macroglobulin. Dieses Protein kommt in zwei unterschiedlichen Formen im Blut vor, von denen nur das sogenannte transformierte Protein die Hemmung von Tumorzellen bewirkt. Dieses dockt an einem spezifischen Rezeptor auf den Zelloberflächen an und hemmt dadurch den Wnt/ß-catenin Signalpfad, der für die Aktivierung tumorfördernder Gene im Zellkern verantwortlich gemacht wird. Die Proteine des Wnt- Signalwegs sind daher wichtige Zielscheiben für eine Krebsprävention und -therapie geworden.

Tausende Substanzen bzw. chemische Verbindungen sind bisher mehr oder weniger erfolgreich in diesem Zusammenhang getestet worden. »Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass ein körpereigenes Protein im menschlichen Blut existiert, das diese Funktion erfüllt«, so Professor Birkenmeier, Institut für Biochemie in Leipzig (Gerd.Birkenmeier@medizin.uni-leipzig.de) und der entscheidende Kopf des Projektes.

Vorteil dieser Entdeckung ist ein weitestgehend nebenwirkungsfreier therapeutischer Einsatz, da körpereigene Mechanismen simuliert und somit keine toxikologischen Reaktionen erwartet werden. Universität und Fraunhofer-Institut IZI streben nunmehr eine Zusammenarbeit mit pharmazeutischen Unternehmen an, um ein entsprechendes Medikament zu entwickeln. Birkenmeier: »Trotz des vielversprechenden Forschungsstandes wissen wir sehr wohl, dass noch eine Vielzahl von Studien vor uns liegt, bevor mit einer Markteinführung eines Medikamentes zu rechnen ist.«

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist die führende Organisation für angewandte Forschung in Europa. Unter ihrem Dach arbeiten 59 Institute an über 40 Standorten in ganz Deutschland. Rund 17 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erzielen das jährliche Forschungsvolumen von 1,5 Mrd Euro. Davon erwirtschaftet die Fraunhofer-Gesellschaft rund zwei Drittel aus Aufträgen der Industrie und öffentlich finanzierten Forschungsprojekten. Die internationale Zusammenarbeit wird durch Niederlassungen in Europa, den USA und Asien gefördert.

Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI ist Mitglied des Fraunhofer-Verbund Life Science. Ziel des Instituts ist es, spezielle Problemlösungen an den Schnittstellen von Medizin, Biowissenschaften und Ingenieurswissenschaften für Partner aus der medizinorientierten Industrie und Wirtschaft zu finden. Kernkompetenzen liegen dabei in der regenerativen Medizin, d.h. bei zelltherapeutischen Ansätzen zur Wiederherstellung funktionsgestörter Gewebe und Organe bis hin zum biologischen Ersatz durch in vitro gezüchtete Gewebe (Tissue Engineering). Damit die Gewebe ohne Probleme anwachsen können, müssen zelluläre und immunologische Abwehr- und Kontrollmechanismen erfasst und in die Verfahrens- und Produktentwicklung integriert werden. Um diese Kernkompetenzen herum ergibt sich eine Vielzahl von Aufgaben für neue Produkte und Verfahren. Das Institut ist besonders kliniknah orientiert und übernimmt Qualitätsprüfungen, GMP-Herstellung von klinischen Prüfmustern und klinische Studien im Auftrag. Darüber hinaus unterstützt es die Erlangung von Herstellungsgenehmigungen und Zulassungen.

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Dr. Wilhelm Gerdes Fraunhofer Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.izi.fraunhofer.de

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