Kapseln in der Kapsel

Wenn Körperzellen ihre Aufgaben nicht wahrnehmen können, entstehen Krankheiten. Die nanobiotechnologische Forschung sucht nach Möglichkeiten, wie einfache zelluläre Aktivitäten von synthetischen Systemen übernommen werden können, wenn diese der Zelle fehlen oder verloren gegangen sind.

Dazu braucht man Trägersysteme, die Wirkstoffe und andere Substanzen kontrolliert einkapseln und im richtigen Moment wieder freisetzen können. Sie müssen Wechselwirkungen mit der Umgebung eingehen können, um beispielsweise das Signal zu empfangen, wann sie ihre Fracht entladen sollen. Ein Team um Frank Caruso von der University of Melbourne hat nun einen Mikrocontainer entwickelt, der Tausende von einzelnen „Verpackungseinheiten“ aufnehmen kann – „Kapsosomen“ genannt. Wie er in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, handelt es sich dabei um Polymerkapseln, in die Liposomen als Subkompartimente eingebettet sind.

Als Nano-Transporter für Wirkstoffe werden derzeit vor allem Kapseltypen eingesetzt: Polymerkapseln bilden stabile Behältnisse, die halbdurchlässig sind, so dass eine „Kommunikation“ mit dem externem Milieu möglich ist. Für den Transport kleiner Moleküle sind sie allerdings nicht geeignet, da diese austreten können. Liposomen schützen kleine Wirkstoffmoleküle dagegen gut. Allerdings sind sie oft instabil und undurchlässig für Stoffe aus der Umgebung. Die australischen Wissenschaftler vereinen nun die Vorteile beider Systeme in ihren Kapsosomen.

Kapsosomen werden in mehreren Schritten hergestellt. Als erstes wird eine Polymerschicht auf ein Siliciumdioxid-Kügelchen aufgetragen. Dieses Polymer enthält mit Cholestrin modifizierte Bausteine. Mit einem Enzym beladene Liposomen lassen sich an den Cholesterineinheiten fest verankern und so an den Polymerfilm heften. Anschließend werden weitere Polymerschichten aufgetragen und mit einer speziell entwickelten, sehr schonenden Quervernetzungsreaktion über Disulfid-Brücken zu einem Gel vernetzt. Im letzten Schritt lässt sich der Siliciumdioxid-Kern wegätzen, ohne dass die empfindliche Fracht angegriffen wird.

Versuche mit einem Enzym als Modellfracht belegen, dass die Liposomen intakt bleiben und die Fracht nicht ausläuft. Die Zugabe eines Detergenz setzt das Enzym in funktionstüchtigem Zustand frei. Anhand der Enzymreaktion, die einen Farbumschlag der Lösung verursacht, ließ sich die Anzahl an Liposom-Kompartimenten auf ca. 8000 pro Polymerkapsel bestimmen.

„Da die Kapsosomen biologisch abbaubar und ungiftig sind,“ so Teammitglied Brigitte Staedler, „wären sie als resorbierbare synthetische Zellorganellen und für den Transport von Wirkstoffen geeignet.“ Die Wissenschaftler planen zudem, mit verschiedenen Enzymen gefüllte Liposomen gemeinsam einzukapseln und mit spezifischen „Signalempfängern“ auszurüsten, über die die Freisetzung der einzelnen Fracht gezielt ausgelöst werden kann. Auf diese Weise ließen sich enzymatische Reaktionskaskaden für katalytische Produktionsprozesse nutzen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 20/2009

Autor: Frank Caruso, University of Melbourne (Australia), http://www.chemeng.unimelb.edu.au/people/staff/caruso.html

Angewandte Chemie 2009, 121, No. 24, 4423-4426, doi: 10.1002/ange.200900386

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

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Dr. Renate Hoer GDCh

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