Gut verpackt – Die Architektur ist entscheidend: Bio-Metall-organische Hybride mit hoher Bioaktivität

Mittels Peptiden als Modulatoren lassen sich Biomakromolekülen in maßgeschneiderte Metall-organische Gerüststrukturen einbauen. Zudem gelang es so, eine "künstliche Zelle" zu konstruieren mit Funktion eines optischen Glucose-Sensors. (c) Wiley-VCH

Biomakromoleküle, z.B. Enzyme, steuern Reaktionen in Zellen mit sehr viel höherer Effizienz, Spezifität und Selektivität als in künstlichen Systemen. Sollen sie zellfrei eingesetzt werden, etwa für einen Produktionsprozess, benötigen viele der empfindlichen Moleküle eine künstliche Umhüllung.

Dafür eignen sich Metall-organische Gerüste sehr gut (metal-organic frameworks, MOFs): gitterartige Strukturen aus Metallionen als „Knotenpunkten“ und organischen Liganden als „Verbindungsstücken“.

Biomoleküle lassen sich bei der selbstorganisierten Zusammenlagerung der MOFs einfach einschließen. Aufgrund der limitierten Zugänglichkeit der Biomoleküle lässt die Aktivität dieser Biohybride jedoch oft zu wünschen übrig.

Das Team um Gangfeng Ouyang von der Sun-Yat-sen-Universität in Guangzhou (China), stellt jetzt eine einfache Strategie vor, mit der sich Biohybride zu Nanoarchitekturen mit hoher Aktivität maßschneidern lassen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Zugabe bestimmter Peptide, die als „Modulatoren“ die Struktur beeinflussen.

Als Modell-Biomolekül wählten die Forscher Meerrettich-Peroxidase, ein Enzym, das Wasserstoffperoxid abbaut und z.B. für eine umweltfreundliche Oxidation aromatischer Amine technisch genutzt wird. Zinkionen dienten als Knotenpunkte und 2-Methyl-Imidazol als Verbindungsstücke für das Gerüst.

Als Modulator setzen sie γ-Poly-L-Glutaminsäure ein, ein natürliches, vielfach negativ geladenes Biopolymer, das an positive Gruppen der Peroxidase bindet und – in Konkurrenz dazu – Koordinationsverbindungen mit den Zinkionen eingeht. So werden Modulator und Peroxidase in das MOF mit eingebaut.

Je nach Menge des Modulators entstehen verschiedene Morphologien: von dreidimensionalen Polyedern über winzige „Sternchen“ aus verschränkten zweidimensionalen spindelförmigen Schichten von etwa 150 nm Dicke bis erneut zu dreidimensionalen, blumenartigen Strukturen.

Während die Enzymaktivität in den mikroporösen 3D-Strukturen gering ist, zeigen sich die Enzyme in den 2D-MOFs fast so aktiv wie im freien Zustand. Der Grund sind die großen Poren und die vergleichsweise kurzen Kanäle der 2D-Strukturen – das Substrat gelangt rasch zu den Enzymen.

Dabei sind die Enzyme gut geschützt gegenüber Protein-abbauenden Enyzmen, hohen Harnstoffkonzentration, erhöhten Temperaturen und einer Reihe organischer Lösungsmittel – vorteilhaft für eine technische Nutzung.

Zudem gelang es den Forschern, eine „künstliche Zelle“ zu konstruieren, die zelluläre Kaskaden der Signalübertragung nachahmt und als Glucosesensor fungiert. Dazu bauten sie mehrere Komponenten in ein 2D-MOF ein: Glucoseoxidase (GOx) sowie Protein-gebundene fluoreszierende Goldnanocluster, die katalytisch Wasserstoffperoxid abbauen.

Zugabe von Glucose setzt die Kaskade in Gang. Glucose wird von der GOx oxidiert, dabei entsteht Wasserstoffperoxid, das von den Goldnanoclustern mit einem Substrat umgesetzt wird, welches dabei blau wird. Parallel kommt es zu einer Oxidation der Goldnanocluster, wobei deren Fluoreszenz gelöscht wird. Beide optische Signale sind zur Glucose-Konzentration proportional und in zwei sich ergänzenden Konzentrationsbereichen sensitiv.

Angewandte Chemie: Presseinfo 08/2020

Autor: Gangfeng Ouyang, Sun Yat-Sen University (China)

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

https://doi.org/10.1002/ange.202005529

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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