Göttinger Wissenschaftler untersuchen Einfuhr von Proteinen durch die Mitochondrien-Membranen

Dr. Christian Schulz (l.); Prof. Dr. Peter Rehling (r.)

Mitochondrien sind die Kraftwerke von menschlichen und tierischen Zellen. Sie stellen energiereiche Verbindungen her, die viele biochemische Prozesse im Organismus antreiben. Da sie durch eine Doppelmembran vom Zellinneren abgetrennt sind, müssen sie die Proteine für ihre Arbeit aufwändig durch die Membranen hindurch einführen.

Wissenschaftler der Universität Göttingen haben jetzt diesen komplexen Prozess des Proteinimports untersucht. Ihre Forschungsergebnisse sind im Fachjournal Nature Communications erschienen.

Beim Transport durch die Membran nutzen die Mitochondrien den Umstand, dass ein Protein nach seiner Herstellung in der Zelle zunächst in einer langen Kette von Aminosäuren vorliegt. Nur in dieser Form passt es durch den engen Kanal, der die Doppelmembran des Mitochondriums überbrückt.

Im Inneren des Mitochondriums sitzt am Ende des Kanals ein molekularer Motor, der die Kette wie ein Tau durch den Kanal hindurchzieht. Für den Antrieb des Motors sorgt ein Protein mit dem Namen Hsp-70, das wie ein Motorkolben funktioniert. Um die vorhandene Energie für seine Arbeit zu nutzen, benötigt Hsp-70 jedoch auch Helfer-Proteine.

Wie genau die Helfer-Proteine das Antriebsprotein Hsp-70 bei der Arbeit unterstützen, haben Dr. Christian Schulz und Prof. Dr. Peter Rehling vom Sonderforschungsbereich „Integrative Strukturbiologie dynamischer makromolekularer Komplexe“ jetzt entschlüsselt. Ihre Experimente führten die Wissenschaftler in Hefezellen durch, die menschlichen Zellen stark ähneln.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Import einer Aminosäurenkette nur funktioniert, wenn sich die Helfer-Proteine beim Unterstützen von Hsp-70 abwechseln“, erklärt Prof. Rehling. „Man muss sich das wie bei einem besonderen Benzinmotor vorstellen, der zwar mit Kraftstoff versorgt ist, seine Arbeit aber nur leisten kann, wenn die Zündkerzen bei voller Fahrt nach jeder Zündung ausgetauscht werden“, so Rehling.

Die Erkenntnisse der Göttinger Wissenschaftler gelten womöglich nicht nur für Mitochondrien: Auch andere von Membranen umschlossene Zellbestandteile, die Proteine importieren, wie etwa die pflanzlichen Chloroplasten, nutzen dafür Hsp 70 als Antrieb. Diese könnten ebenfalls auf dynamische Helfer angewiesen sein.

Originalpublikation: Schulz, Christian and Peter Rehling, Remodelling of the active presequence translocase drives motor-dependent mitochondrial protein translocation. Nat. Commun. 5:4349 doi: 10.1038/ncomms5349 (2014).

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Peter Rehling
Georg-August-Universität Göttingen
SFB 860 Integrative Strukturbiologie dynamischer makromolekularer Komplexe
Humboldtallee 23, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-5947, Fax (0551) 39-5979
E-Mail: peter.rehling@medizin.uni-goettingen.de

http://Weitere Informationen
http://www.nature.com/ncomms/2014/140710/ncomms5349/full/ncomms5349.html
http://msb.bio.uni-goettingen.de/SFB860/

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