Gendefekt führt zu Fehlern bei Fruchtbarkeitstest

Ein neuer Botenstoff findet seit einigen Jahren zunehmendes Interesse bei Hormonforschern und Frauenärzten: die Serumkonzentration des so genannten anti-Müller-Hormons (AMH) zeigt einen engen Zusammenhang mit der Zahl heranreifender Eizellen im Eierstock und damit indirekt mit den Erfolgschancen einer Kinderwunschbehandlung.

Dieser Zusammenhang führt teilweise bereits dazu, dass Krankenversicherungen die Kostenübernahme für eine Kinderwunschbehandlung vom AMH-Wert einer Patientin abhängig machen. Auch die richtige Dosierung der Hormontherapie wird mittlerweile von vielen Kinderwunschzentren vom AMH-Test bestimmt.

Allerdings fällt bei diesem vielversprechenden Test immer wieder auf, dass bei einzelnen Patientinnen die Reifung der Eizellen doch nicht in dem Maße erfolgt, wie es der AMH-Wert erwarten lässt.

Die Arbeitsgruppe um Professor Christian Thaler vom Hormon- und Kinderwunschzentrum am Klinikum der Universität München (LMU), Campus Großhadern, konnte jetzt einen genetisch bedingten Störfaktor für den AMH-Test identifizieren: wie in der elektronischen Vorab-Publikation der amerikanischen Fachzeitschrift „Fertility and Sterility“ zu lesen ist, konnten Thaler und sein Team nachweisen, dass Frauen mit einer angeborenen Funktionsstörung eines Enzyms des B-Vitamin- (Folsäure)-Stoffwechsels um fast 25% schlechter auf die Hormonbehandlung für die assistierte Fortpflanzungtherapie reagieren (doi:10.1016/j.fertnstert.2011.03.023:Pavlik R et al: Divergent effects of the 677C>T mutation of the 5,10-methylene-tetrahydrofolate reductase (MTHFR) gene on ovarian responsiveness and anti-Mullerian hormone concentrations; Fertility and Sterility epub ahead (2011)). Der Basenaustausch C>T in der Gen-Position 677 führt bei diesem Enzym (Metylen-Tetra-Hydro-Folat-Reduktase: MTHFR) zu einem Funktionsverlust um etwa 70%. „Bei etwa einem Zehntel aller Kinderwunschpatientinnen finden wir auf beiden Genen den Funktionsdefekt“, so Thaler, „und bei diesen Frauen müssen wir damit rechnen, dass die Eierstockreaktion deutlich schlechter ausfällt als es angesichts der AMH-Bestimmung zu erwarten wäre. Unsere Studie zeigt, dass die gleichzeitige Analyse des MTHFR-Gens die richtige Bewertung des AMH-Tests signifikant erhöhen könnte. Wir bieten deshalb unseren Kinderwunschpatientinnen diese Zusatzuntersuchung an, um das Risiko einer unterdosierten Hormonbehandlung möglichst zu vermeiden.“

Kontakt:
Prof. Dr. med. Christian J. Thaler
Leiter des Hormon- und Kinderwunschzentrums
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU
München – Grosshadern
81377 München
Tel: +49-(0)89/7095-4588
Fax: +49-(0)89/7095-7588
E-mail: christian.thaler@med.uni-muenchen.de
Klinikum der Universität München
Im Klinikum der Universität München (LMU) sind im Jahr 2010 an den Standorten Großhadern und Innenstadt 465.000 Patienten ambulant, teilstationär und stationär behandelt worden. Die 45 Fachkliniken, Institute und Abteilungen sowie 35 interdisziplinäre Zentren verfügen über mehr als 2.200 Betten. Von insgesamt über 10.000 Beschäftigten sind rund 1.800 Mediziner. Das Klinikum der Universität München hat im Jahr 2010 rund 70 Millionen Euro an Drittmitteln verausgabt und ist seit 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts.

Gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität ist das Klinikum der Universität München an sechs Sonderforschungsbereichen der DFG (SFB 455, 571, 594, 596, 684, 824), an drei Sonderforschungsbereichen-/Transregio (TR 05, TR 22, TR 36), einer Forschergruppe (FOR 535) sowie an drei Graduiertenkollegs (GK 1091 und 1202, SFB-TR 36) beteiligt. Hinzu kommen die drei Exzellenzcluster „Center for Integrated Protein Sciences“ (CIPSM), „Munich Center of Advanced Photonics“ (MAP) und „Nanosystems Initiative Munich“ (NIM) sowie die Graduiertenschule „Graduate School of Systemic Neurosciences“ (GSN-LMU).

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