Forscher des Helmholtz Zentrums München analysieren das Genom einer hitze- und dürreresistenten Getreidepflanze

Sorghum bicolor <br>Foto: United States Department of Agriculture<br>

Das Klima wandelt sich. Um die Ernährung zu sichern, brauchen die Menschen gerade in heute schon trockenen Regionen Pflanzen, die unter kargen Bedingungen gedeihen. Zum Beispiel Sorghum: Das im Deutschen Mohrenhirse, Durra- oder Besenkorn genannte, bis zu fünf Meter hohe Gras ist äußerst resistent gegen Trockenheit und Hitze.

Die aus Afrika stammende Pflanze behauptet sich auch da, wo andere Getreidepflanzen verdorren. In trocken-warmen und gemäßigten Gebieten Amerikas, Asiens und Europas dient sie zumeist als Nahrungsmittel und Futtergras und gewinnt auch als Basis von Agrartreibstoff an Bedeutung. Außerdem liefert sie Fasern und Brennmaterial.

Als Teil eines internationalen Wissenschaftler-Konsortiums analysieren Forscher des Helmholtz Zentrums München die Gene dieser ersten Pflanze afrikanischen Ursprungs, deren Genom sequenziert worden ist.

„Wir wollen die funktionelle und strukturelle Genomik des Sorghum aufklären“, erklärt Dr. Klaus Mayer vom Institut für Bioinformatik und Systembiologie des Helmholtz Zentrums München. „Das ist die Voraussetzung dafür, dieses so wichtige Getreide mit gezielter Züchtung noch leistungsfähiger zu machen. Als Deutsches Zentrum für Gesundheit und Umwelt ist die nachhaltige Sicherung unserer Nahrungsgrundlagen eines unserer wichtigen Forschungsthemen. Daher versuchen wir, etwas über die molekularen Grundlagen der ausgepägten Trockentoleranz zu lernen, um dieses Wissen auch für andere Nutzpflanzen in unseren Breiten zukünftig zu nutzen.“ Die Fachzeitschrift Nature veröffentlicht in ihrer aktuellen Ausgabe erste Ergebnisse der Studie.

Sorghum ist als Modellsystem interessant, weil es näher mit den Hauptgetreidearten tropischen Ursprungs, zum Beispiel Mais, verwandt ist als mit Reis. Zudem hat die Mohrenhirse nicht wie viele andere (Nutz)pflanzen ihr Genom in den vergangenen Jahrmillionen vergrößert. Ihr recht kleines Genom – rund ein Viertel so groß wie das menschliche – ist ein guter Ansatzpunkt zur Erforschung der komplexeren Genome wichtiger Nutzpflanzen wie Mais oder Zuckerrohr, zumal Sorghum wie diese zu den „C4-Pflanzen“ zählt.

Solche Pflanzen betreiben dank biochemischer und morphologischer Spezialisierungen eine besondere Art der Photosynthese, bei der zunächst ein Molekül mit vier Kohlenstoffatomen entsteht, daher der Name. So können sie Kohlenstoff gerade bei höheren Temperaturen effizienter assimilieren als „C3-Pflanzen“ und eignen sich besonders zur Produktion von Biomasse für die Energiegewinnung.

Sorghum ist die erste Getreidepflanze mit C4-Photosynthese, deren Genom vollständig sequenziert vorliegt. Die Analyse seiner funktionellen Genomik eröffnet neue Einblicke in die molekularen Unterschiede zwischen „C3“- und „C4“-Pflanzen. Außerdem liefert der Vergleich mit der ebenfalls sequenzierten C3-Pflanze Reis Informationen darüber, wie sich diese Getreide im Lauf der Evolution auseinander entwickelt haben.

Die Daten der Münchner Wissenschaftler erlauben auch die vergleichende Analyse von Sorghum, Reis und Mais. Sie gibt Aufschluss etwa über die Evolution der Genomgröße, Verteilung und Vervielfältigung der Gene oder Rekombinationsvorgänge. Nicht zuletzt haben die Forscher in ihrer Studie eine Methode validiert: Das „Whole-genome-shotgun-sequencing“, ein besonders schneller und kostengünstiger Weg zur Sequenzierung vollständiger Chromosomen und Genome. Dabei kopiert man die DNA zunächst mehrfach und zerschlägt diese Kopien dann wie mit einem Schrotschuss in viele kleine Fragmente, die anschließend jeweils von beiden Enden her sequenziert werden.

Originalartikel
Takuji Sasaki & Baltazar A. Antonio: Plant genomics: Sorghum in sequence. Nature 457, 547-548 (29 January 2009) | doi:10.1038/457547a; Published online 28 January 2009
Ansprechpartner
Dr. Klaus Mayer
Helmholtz zentrum München, Institut für Bioinformatik und Systembiologie
E-Mail k.mayer@helmholtz-muenchen.de
Weitere Informationen für Medienvertreter:
Sven Winkler
Helmholtz Zentrum München, Pressestelle
Tel. 089/3187-3946
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