Fliegen verbreiten Krankheiten möglicherweise auch unter Affen

Fliegenschwärme folgen Rußmangaben durch den Regenwald und könnten unter den Tieren Krankheiten verbreiten. © Jan Gogarten, Taï Chimpanzee Project
Zunächst untersuchten die Forscher im Taï-Nationalpark, in der Elfenbeinküste, wie viele Fliegen sich in der Nähe von Rußmangaben- und Schimpansengruppen aufhielten und zählten bei beiden Primatenarten deutlich mehr Fliegen innerhalb der jeweiligen Affengruppe als außerhalb.
Um zu verstehen, wie diese hohe Fliegendichte beibehalten werden kann, führte Erstautor Jan Gogarten ein Experiment durch: Innerhalb einer Gruppe von Rußmangaben markierte er über 1.700 Fliegen mit Nagellack.
Überraschenderweise fingen die Forscher diese bunt bemalten Fliegen noch bis zu zwei Wochen später und fast anderthalb Kilometer vom Ursprungsort entfernt in derselben Mangaben-Gruppe wieder ein.
„Dieses überraschende Ergebnis deutet darauf hin, dass die Fliegen den Affen in einem dichten Schwarm folgen, während diese sich kilometerweit durch den Regenwald fortbewegen“, sagt Gogarten.
Ob diese Fliegenschwärme für Mangaben und Schimpansen ein Krankheitsrisiko darstellen, wie es beim Menschen der Fall ist, untersuchten die Forscher, indem sie die Fliegen auf verschiedene Krankheitserreger testeten.
Und tatsächlich fanden sie bei fast sieben Prozent der Fliegen, die die Mangabengruppe begleiteten, größere Mengen des Anthrax-Bakteriums (Bacillus cereus biovar anthracis).
Die Forscher konnten anschließend belegen, dass der Anthrax-Erreger aus den Fliegen lebensfähig war. Frühere Studien des Teams hatten gezeigt, dass Anthrax für fast vierzig Prozent der Todesfälle von Wildtieren im Taï-Nationalpark verantwortlich ist, was darauf hindeutet, dass Fliegen möglicherweise auch für Primaten ein großes Krankheitsrisiko darstellen.
Die Fliegen enthielten außerdem DNA des Bakteriums Treponema pallidum pertenue, das beim Menschen Frambösie auslöst. Auch Mangaben können sich mit dem Bakterium infizieren, was bei ihnen teilweise schwere Hautläsionen verursacht.
„Diese Studie ist die erste, die zeigt, dass Fliegen Primaten aktiv durch den Regenwald folgen und sie damit gefährlichen Bakterienpathogenen aussetzen“, sagt Wittig. „Unsere Studie deutet darauf hin, dass die Anwesenheit von Fliegenschwärmen eine bisher nur wenig erforschte Begleiterscheinung von Sozialität ist. Nicht nur für Menschen beim Sommerpicknick sind Fliegen ein Ärgernis, sie sind auch bei Affen weit verbreitet“, sagt Leendertz.
Einen positiven Nebeneffekt haben die Erkenntnisse jedoch: Obwohl die Krankheitserreger-tragenden Fliegenschwärme Wildtieren möglicherweise schaden können, sind sie doch auch ein nützliches Instrument zur Überwachung des Gesundheitszustandes freilebender Tierpopulationen.
Fliegenmonitoring kann mit einfachen Mitteln dringend benötigte Daten über in der Wildbahn zirkulierende Krankheitserreger liefern und verzichtet dabei auf komplizierte Eingriffe wie Wildtier-Narkosen, die immer auch ein Risiko für Forscher und Wildtiere mit sich bringen.
Dr. Jan Gogarten
Robert Koch Institut (RKI)
+49 179 3459-959
jan.gogarten@gmail.com
Dr. Fabian Leendertz
Robert Koch Institut (RKI)
+49 30 18754-2592
LeendertzF@rki.de
Dr. Roman Wittig
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
+49 341 3550-204
wittig@eva.mpg.de
Gogarten, J. F., Düx, A., Mubemba, B., Pléh, K., Hoffmann, C., Mielke, A., Müller‐Tiburtius, J., Sachse, A., Wittig, R. M., Calvignac‐Spencer, S., Leendertz, F. H.
Tropical rainforest flies carrying pathogens form stable associations with social non‐human primates
Molecular Ecology, 08. Juni 2019, https://doi.org/10.1111/mec.15145
Media Contact
Weitere Informationen:
https://www.eva.mpg.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge

Europaweit leistungsstärkster 7-Tesla-MRT ist in Betrieb
Universität Magdeburg übernimmt Führungsrolle in der Bildgebungsforschung. Am Mittwoch, dem 22. März 2023, wurde an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg der europaweit leistungsstärkste 7-Tesla-Magnetresonanztomograph (MRT) feierlich eingeweiht. Im Beisein des Wissenschaftsministers des…

Synthesegas und Akku-Power mit Energie aus dem Sonnenlicht
Mithilfe der Photosynthese gewinnen Pflanzen Energie aus dem Sonnenlicht. Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben dieses Prinzip als Grundlage genommen, um neue nachhaltige Verfahren zu entwickeln, mit denen in…

Molekulare Nanoschichten organisieren sich selbst
Die Selbstorganisation spezieller Moleküle reicht aus, um Nanoschichten gezielt wachsen zu lassen. Das hat ein Marburger Forschungsteam aus Physik und Chemie herausgefunden. Die beteiligten Wissenschaftler berichten im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications“…