Den Enzymen bei der Arbeit zugeschaut

Die Collage zeigt den am Europäischen Teilchenbeschleuniger ESRF in Frankreich vermessenen Proteinkristall und die daraus berechnete atomare Struktur des Proteins (in blau) mit dem gebundenen Vitamin B1, dessen Atome farblich vom Protein hervorgehoben sind. Grafik: Universität Göttingen<br>

Wissenschaftler der Universität Göttingen haben grundlegende Einblicke in die Wirkungsweise des Vitamins B1 gewonnen. Vitamine sind an vielen chemischen Reaktionen im menschlichen Körper beteiligt.

Die neuen Erkenntnisse sind unter anderem auch für die organische Chemie von Bedeutung, beispielsweise im Hinblick auf die Herstellung von verschiedenen Produkten. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Chemical Biology veröffentlicht.

Im menschlichen Körper laufen in jeder Sekunde tausende chemische Reaktionen ab. Enzyme – eine besondere Klasse von Proteinen – spielen dabei eine Schlüsselrolle. Viele dieser sogenannten Biokatalysatoren benutzen Vitamine als „chemische Assistenten“, um besonders schwierige Reaktionen zu bewerkstelligen. Die Forscher am Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften züchteten zunächst winzige Kristalle eines Enzyms, das das Vitamin fest umklammert hält. Am Europäischen Teilchenbeschleuniger ESRF im französischen Grenoble untersuchten sie anschließend dessen chemischen Bauplan – die Qualität der kristallografischen Daten war so gut, dass sich sogar Wasserstoffatome, die kleinsten Teilchen eines Proteins, beobachten ließen.

Beim Blick in die dreidimensionale Struktur des Enzyms erwartete die Wissenschaftler eine Überraschung: Das Vitamin liegt im Enzym in einer hochreaktiven chemischen Form vor und bildet ein sogenanntes Carben. „Diese Stoffklasse ist in der organischen Chemie von großer Bedeutung und Ausgangspunkt bei der Herstellung zahlreicher Produkte unseres täglichen Lebens“, so der Leiter der Studie, Prof. Dr. Kai Tittmann. „Während Chemiker für ihre Synthesen zumeist sehr harsche Reaktionsbedingungen und spezielle Lösungsmittel benötigen, erledigen die Enzyme diese komplizierten Aufgaben ganz einfach in der natürlichen Umgebung einer Zelle.“

Originalveröffentlichung: Danilo Meyer et al. Observation of a stable carbene at the active site of a thiamin enzyme. Nature Chemical Biology. http://Dx.doi.org/10.1038/nchembio.1275.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Kai Tittmann
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Biologie und Psychologie
Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften
Justus-von-Liebig-Weg 11, 37077 Göttingen, Telefon (0551) 39-14430
E-Mail: kai.tittmann@biologie.uni-goettingen.de
Internet: http://www.uni-goettingen.de/de/sh/198266.html

Media Contact

Thomas Richter Uni Göttingen

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern-befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer