DNA-Origami mit Antikrebswirkstoffen gefüllt

Die Nanostruktur erkennt spezifisch Krebszellen und schleust therapeutische Wirkstoffe und andere Zusatzstoffe in die Zelle. (c) Wiley-VCH

Mehrfache Wirkstofftresistenz bei Krebszellen lässt sich häufig erfolgreich durch Herabregulieren der entsprechenden Gene bekämpfen.

Chinesische Wissenschaftler haben nun eine Nanoplattform entwickelt, die gezielt Transkriptionsmatrizen für die entsprechenden RNAs und gleichzeitig Chemotherapeutika in multiresistente Tumore bringt.

Wie die Autoren in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, tötete dieser Cocktail aus Genexpressionshemmstoffen und Krebswirkstoffen effektiv und selektiv die Zellen. Die Nanoplattform wurde durch DNA-Origami zusammengefügt.

Mehrfach resistente Krebszellen schleusen oft Wirkstoffe aus den Zellen wieder heraus, bevor sie ihre Wirkung entfalten können. Inzwischen kennt man jedoch einige der Gene, die dafür verantwortlich sind, und versucht, sie gezielt abzuschalten.

Das funktioniert durch RNA-Interferenz: Kurze RNA-Stücke kombinieren mit der zelleigenen mRNA und hemmen somit die Translation in das entsprechende Protein. Allerdings müssen die RNA-Stücke bis in die Tumorzelle gebracht und dort freigesetzt werden. Gleichzeitig muss ein Wirkstoff vorhanden sein, der die Zelle auch abtöten kann.

Baoquan Ding am National Center for Nanoscience and Technology, Beijing in China und Kollegen haben jetzt eine Plattform entwickelt, die alles Nötige enthält, um sowohl selektiv in Tumorzellen hineinzugelangen als auch dort ihre Fracht aus Genexpressionshemmern und Chemotherapeutika abzuladen.

Die Plattform bauten sie durch DNA-Origami. Mit dieser Technik lassen sich Nanoobjekte aus DNA in den unterschiedlichsten, teilweise sehr komplizierten Formen erstellen. Hier konstruierten die Wissenschaftler eine relativ einfache DNA-Origami-Dreiecksstruktur, die sich von selbst aus DNA-Vorläufersträngen zusammenfügte und mehrere funktionelle Stellen besaß, um andere Funktionseinheiten zu binden.

Vor allem aber konnte man Doxorubicin in sie einbinden. Dieser auch DOX genannte Wirkstoff tötet maligne Tumore ab.

An die Nanoplattform band DOX aber nicht kovalent, also chemisch fest, sondern durch Interkalation (analog zu seiner Wirkungsweise: DOX lagert sich in die DNA ein, um die Transkription zu verhindern).

Kovalent gebunden wurden jedoch die Einheiten, die in der Zelle die Resistenzproteine herabregulieren sollten (zwei lineare Small-Hairpin-RNA-Transkriptionsmatrizen für die RNA-Interferenz). Gebunden wurden außerdem eine Erkennungseinheit für die Krebszellen und eine Disulfidbrücke, die durch zelleigenes Glutathion gespalten werden soll, um alle Wirkstoffe am Ziel freizusetzen.

Wie wirksam diese Vielzweckplattform war, überprüften die Autoren an Zellkulturen und in Mäusen, denen sie einen mehrfach resistenter Tumor eingepflanzten. DOX und die RNA-Transkriptionsmatrizen wurden selektiv in die Zellen geschleust und dort freigesetzt, berichteten die Autoren.

Die Zellen wurden abgetötet; die Tumore verkleinerten sich signifikant. Die Plattform an sich schadete den Mäusen nicht. Aber voll belegt mit den Wirkstoffen und Erkennungseinheiten, tötete sie wirksam den mehrfach resistenten Tumor ab, so die Autoren.

Diese Forschung demonstriert einmal mehr, was in der Krebstherapie möglich ist: Die Wissenschaftler konstruierten eine Nanostruktur, die nicht nur spezifisch Krebszellen erkennt – und somit die gefürchteten Nebenwirkungen der Krebs-Chemotherapie unterdrückt – sondern auch therapeutische Wirkstoffe und viele andere Zusatzstoffe wie Genexpressionshemmer in die Zelle schleust. Dadurch lassen sich Resistenzen unterdrücken. Und die Plattform ist sehr variabel: Wie die Autoren anmerken, ließe sie sich hervorragend auch auf andere Wirkstoff- und Zellerkennungsmechanismen anpassen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 35/2018

Autor: Baoquan Ding, National Center for Nanoscience and Technology, China (China), http://www.bdinglab.com/

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

https://doi.org/10.1002/ange.201809452

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Dr. Karin J. Schmitz idw - Informationsdienst Wissenschaft

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