Deutscher Forscher entdeckt neue Waranart – Fund belegt die unterschätzte Vielfalt der Top-Beutegreifer in Indonesien

Die neue Art wurde mittels morphologischer und molekularbiologischer Methoden bestimmt und in der neuesten Ausgabe der renommierten Zeitschrift Australian Journal of Zoology mit dem wissenschaftlichen Namen Varanus lirungensis beschrieben.

„Der Fund von Varanus lirungensis ist besonders wichtig, weil er belegt, wie groß die Vielfalt der Warane in Indonesien tatsächlich ist“, äußert sich André Koch. Prof. Dr. Wolfgang Böhme, ebenfalls vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig, fügt hinzu: „Nach der Entdeckung gleich mehrerer bisher unbekannter Formen des Bindenwarans (Varanus salvator Gruppe) vor zwei Jahren auf Sulawesi und den umliegenden Inseln, ist dies ein weiterer Beleg für die unterschätzte Vielfalt indonesischer Warane.“

Kaum entdeckt, könnte die neue Art möglicherweise schon bedroht sein. „Da Warane für den internationalen Tier- und Reptillederhandel gefangen werden, könnten kleine Inselpopulationen angesichts dieses Jagddrucks eventuell ausgelöscht werden“, befürchtet Prof. Dr. Wolfgang Wägele, Direktor des ZFMK. Er befürwortet daher die taxonomische Überarbeitung der Warane Indonesiens. „Die wissenschaftlichen Untersuchungen sind dringend notwendig, um offizielle Fangquoten und den Schutzstatus einzelner Inselpopulationen anzupassen“, unterstützt ihn Dr. Thomas Ziegler, Co-Autor und Leiter des Aquariums am Kölner Zoo.

Ursprünglich waren André Koch und seine indonesische Kooperationspartnerin Evy Arida vom Zoologischen Museum in Bogor (Java) auf die Talaud-Inseln gereist, um einen anderen weit verbreiteten Waran Südostasiens, den Bindenwaran (Varanus salvator), zu studieren. Da die Talaud-Inseln zwischen der Nordhalbinsel Sulawesis und der philippinischen Insel Mindanao liegen (siehe Karte), nahmen sie an, dass die kleinen Inseln wie eine Reihe von „Trittsteinen“ im Meer den großen Reptilien (sowie anderen Tieren) das Wandern von Insel zu Insel ermöglicht hätten.

Welche Form des Bindenwarans den Talaud-Archipel bewohnen würde, war jedoch vollkommen unklar. Umso größer war die Überraschung, als André Koch und Evy Arida entdeckten, dass kein Bindenwaran, sondern ein weiterer, bisher unbekannter Vertreter der ebenfalls sehr weit verbreiteten Pazifikwarane (Varanus indicus Gruppe) die Talaud-Inseln besiedelt. Die Hoffnung, eventuell den Beleg für ein erstes gemeinsames Vorkommen dieser Großwarane zu liefern, konnte jedoch nicht erfüllt werden, da sich beide Arten aufgrund ihrer sehr ähnlichen Lebensweise gegenseitig auszuschließen scheinen.

Somit muß die biogeographische Hypothese der Talaud-Inseln als Ausbreitungsweg zwischen den Philippinen und Sulawesi verworfen bzw. eingeschränkt werden. Diese Erkenntnis wird gestützt durch einen Faunenvergleich der übrigen Amphibien und Reptilien von Talaud, wie er ebenfalls von André Koch und Kollegen in der aktuellen Ausgabe der Bonner Zoologischen Beiträge diskutiert wird.

Hintergrund:
Das südostasiatische Inselreich Indonesien ist bekannt für seinen außergewöhnlichen Artenreichtum. Es ist eines der Biodiversitätszentren der Erde, ein Megadiversitätsland. Dies betrifft nicht nur Korallenfische oder Schmetterlinge, sondern auch die großen Beutegreifer der Region, die Warane (Gattung Varanus); allen voran der berühmt-berüchtigte Komodowaran.

Besonders die Gruppe der Pazifikwarane um Varanus indicus hat in der jüngsten Vergangenheit wiederholt für spektakuläre Überraschungen gesorgt, da bisher unbekannte, und dazu noch zum Teil farbenprächtig gezeichnete Arten entdeckt wurden. Diese neuen Arten gelangten zumeist über den internationalen Reptilhandel nach Europa und Deutschland, oder sie wurden in alten Sammlungen naturkundlicher Museen entdeckt, wo ihre wahre Identität of jahrzehntelang unerkannt blieb. Nicht so jedoch bei der vorerst letzten neuen Waranart, die ein deutsch-indonesisches Biologen-Team auf einer abgelegenen Inselgruppe Indonesiens aufspürte.

Die neue Art Varanus lirungensis ist nur von der kleinen Inselgruppe des Talaud-Archipels bekannt. Dieses befindet sich im Zentrum der indo-australischen Inselwelt zwischen Sulawesi, den Philippinen und den Molukken (siehe Karte). Der wissenschaftliche Name lirungensis verweist auf den Fundort des neuen Warans, die kleine Ortschaft Lirung auf Salibabu, der zweitgrößten der Talaud-Inseln gelegen.

Literaturquellen:
KoCH A., ARIDA E., SCHMITZ A., BÖHME W. & ZIEGLER T. 2009. Refining the polytypic species concept of mangrove monitors (Squamata: Varanus indicus group): a new cryptic species from the Talaud Islands, Indonesia, reveals the underestimated diversity of Indo-Australian monitor lizards. Australian Journal of Zoology, 57(1): 29-40.

Link: http://www.publish.csiro.au/nid/90/paper/ZO08072.htm

KOCH A., ARIDA E., RIYANTO A. & BÖHME W. 2009. Islands between the realms: a revised checklist of the herpetofauna of the Talaud Archipelago, Indonesia, with a discussion about its biogeographic affinities. Bonner Zoologische Beiträge, 56(1/2): 107-129.

Link:
http://zfmk.de/web/ZFMK_Mitarbeiter/KochAndr/Publikation_neu/Koch_etal_2009
_Talaud_Herptiles.pdf
Kontakt und weitere Informationen sowie Bildmaterial:
Dipl.-Biol. André Koch
Zoologisches Forschungsmuseum A. Koenig
& Leibniz Institut für terrestrische Biodiversität
Herpetologie & Molekular-Labor
Tel.: +49 (0)228 9122 277
Fax: +49 (0)228 9122 295
E-Mail: a.koch.zfmk[@]uni-bonn.de
Home: http://zfmk.de/web/ZFMK_Mitarbeiter/KochAndr/index.en.html
Das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig
Das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig (ZFMK) ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung des Ministeriums für Innovation, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen. Als Leibniz-Institut für die Biodiversität der Tiere hat es einen Forschungsanteil von mehr als 75 %. Das ZFMK betreibt sammlungs-basierte Biodiversitätsforschung zur Systematik und Phylogenie, Biogeographie und Taxonomie der terrestrischen Fauna. Innovative Methoden- und Arbeitsansätze der molekularen Biodiversitäts-forschung dienen auch Studien zur Nachhaltigkeit. Das ZFMK hat 48 fest angestellte Mitarbeiter, davon 14 Wissenschaftler, der Jahresetat liegt bei 6,3 Mio. Euro. Studenten der Biologie werden in Kooperation mit der Universität Bonn ausgebildet. Die Ausstellung „Unser blauer Planet“ führt zum Verständnis von Biodiversität unter globalen Aspekten.

Die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V., kurz „Leibniz-Gemeinschaft“, vereint heute 86 Einrichtungen unter ihrem Dach, die Forschung betreiben oder wissenschaftliche Infrastruktur bereitstellen. Rund 6.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten in den Geistes- und Sozialwissenschaften, den Wirtschafts- und Lebenswissenschaften ebenso wie in der Mathematik, den Natur- und Ingenieurswissenschaften sowie der Umweltforschung. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute mehr als 14.000 Menschen bei einem Jahresetat von über einer Milliarde Euro.

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