Das Ebola-Virus schützt sein Erbgut mit einer Umarmung

Erbgut im Klammergriff: Ein Ausleger des Nukleoprotein-Knäuels (unten) umfasst die kostbare RNA (gelb), die das Genom des Ebola-Virus trägt. (Abbildung: John Briggs; das Bild darf nur für die Berichterstattung über die zugehörige wissenschaftliche Veröffentlichung verwendet werden.)

Viren wie die Erreger des Ebola- und des Marburgfiebers enthalten ein Genom in Form eines RNA-Moleküls. Da die befallenen Wirtszellen Enzyme enthalten, die RNA abbauen, schützen die Viren ihr Erbgut durch eine Hülle, das so genannte Nukleokapsid.

„Bisher gab es keine Rekonstruktion, die das Nukleokapsid intakter Viren dieses Typs in hoher Auflösung zeigt“, erklärt der Marburger Virologe Professor Dr. Stephan Becker, dessen Arbeitsgruppe an der Studie beteiligt ist. Die Untersuchungsergebnisse erleichtern es, zu verstehen, wie sich das Virus während einer Infektion vervielfältigt.

Das Team bestimmte die Struktur des Nukleokapsids von Ebolaviren, indem es Kristallstrukturanalysen mit elektronenmikroskopischen Untersuchungen kombinierte. Die ermittelten Daten zeigen, wie die Proteine aussehen, aus denen das Nukleokapsid besteht, und wie die eizelnen Nukleoproteine zum Kapsid zusammengefügt sind.

Dabei blieben Überraschungen nicht aus. „Bisher dachte man, die RNA werde dadurch eingekapselt, dass sich zwei Ausbuchtungen der Nukleoproteine über einer Rinne schließen, in der sich die RNA befindet“, erläutert Becker. Die Gruppe stellte fest, dass dies nicht zutrifft. Die Forscherinnen und Forscher fanden stattdessen eine Art Klammer, die das RNA-Molekül festhält: Das wendelförmige Endstück des Nukleoproteins bildet einen Ausleger, der die RNA umfasst und festklemmt.

Die verlängerte Wendel trägt außerdem dazu bei, dass sich die Nukleoproteine zusammenlagern. „Wir schlagen ein Modell vor, in dem die Wendel sich von einer kurzen, offenen, gelösten Form zu einer langen, geschlossenen, zusammengelagerten Form transformiert“, schreiben die Autorinnen und Autoren. „Dieser Übergang bildet eine mechanistische Verbindung zwischen der Zusammenlagerung von Nukleoproteinen und der Verkapselung der RNA.“

Professor Dr. Stephan Becker leitet das Institut für Virologie der Philipps-Universität. Beckers Arbeitsgruppe gewann Viren und Virusproteine für die Untersuchungen, die größtenteils am Europäischen Labor für Molekularbiologie in Heidelberg durchgeführt wurden. Das Marburger Institut verfügt über eines der Labore mit dem höchsten Sicherheitsstandard in Europa, das für Studien an lebensgefährlichen Erregern wie Ebola- und Marburgvirus die besten Voraussetzungen bietet. Die Studie wurde unter anderem durch den Marburger Sonderforschungsbereich 1021 der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie durch das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) finanziell gefördert.

Originalveröffentlichung: William Wan & al.: Structure and assembly of the Ebola virus nucleocapsid, Nature 2017, DOI: https://doi.org/10.1038/nature24490

Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Stephan Becker,
Institut für Virologie
Tel.: 06421 28-66253
E-Mail (Institutssekretariat Sabine Fischbach): fischbach@staff.uni-marburg.de

Media Contact

Johannes Scholten idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-marburg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer