Chemie losgelöst von Raum und Zeit

Cloud-basierter Ansatz zur automatisierten Optimierung und Synthese von Pharmaka. (c) Wiley-VCH

Per Internet bestellen, Urlaubsfotos in einer Cloud speichern, den Thermostaten der Heizung per App von unterwegs hochdrehen – inzwischen weit verbreitet.

Nun halten das Internet der Dinge und die Cloud Einzug in die Welt der chemischen Forschung und Produktion, wie Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten: Ihnen gelang es, mit Remote-Servern in Japan autonom optimale Synthesebedingungen zu entwickeln und so Wirkstoffe in einem britischen Labor zu synthetisieren. Forscher in den USA steuerten den Prozess via Internet.

Moderne Produktionsverfahren sollen nicht mehr einfach nur ein Zielmolekül zusammenbauen, sie sollen dabei kostengünstig, effizient, robust und nachhaltig sein. Daher gilt es, verschiedene alternative Syntheserouten zu beleuchten, Apparate maßgeschneidert auszulegen und optimale Prozessparameter zu finden.

Das geht nicht ohne ein tiefgehendes Verständnis der Reaktionen sowie einer Flut an Daten bei verschiedenen Prozessbedingungen. Vor allem im Bereich der Naturstoffe und Pharmaka geht der Trend in Richtung Automatisierung wiederholter Reaktionssequenzen sowie selbst-optimierender Prozesse.

Diese basieren auf einem maschinellen Lernen und einem Informations-Feedback in Form von Messdaten aus einer Reaktionsüberwachung.

Die Forscher von der University of Cambridge (UK) und der California State University Fullerton (USA) um Steven V. Ley zeigen jetzt, dass ein solcher Ansatz sogar über internationale Grenzen und Zeitzonen hinweg gelingt – mithilfe der Cloud:

Remote-Server in Tokio entwickelten völlig autonom optimale Synthesebedingungen für drei pharmazeutische Wirkstoffe, deren stoffliche Synthese in Labors in Cambridge ablief.

Initiiert, gesteuert und überwacht wurde der Prozess von Forschern in Los Angeles über eine Internet-Verbindung. Auf diese Weise gelang es den Maschinen, die synthetischen Einzelschritte für Tramadol, Lidocain und Bupropion als repräsentative Beispielsubstanzen mit minimaler Intervention der Bediener innerhalb von Stunden selbsttätig zu optimieren.

Im Fall von Tramadol etwa sollten drei Parameter variiert werden: Temperatur, Verweilzeit und Mengenverhältnisse der Edukte. Anhand spektroskopischer Daten führte das Steuerungssystem völlig autonom neun Versuche im Zeitraum von drei Stunden durch und identifizierte optimierte Bedingungen für einen maximierten Umsatz bei möglichst hohem Durchsatz und geringem Verbrauch der Ausgangsmaterialien.

Der autonome Charakter des Cloud-basierten Ansatzes macht Spezialwissen und Apparaturen breit zugänglich und nutzt sie effizient, vermeidet Redundanzen und ermöglicht globale Kooperationen, bei denen Entfernungen keine Rolle spielen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 33/2018

Autor: Steven V. Ley, University of Cambridge (United Kingdom), http://www.leygroup.ch.cam.ac.uk/

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

https://doi.org/10.1002/ange.201809080

http://presse.angewandte.de

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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