Bielefelder Studierende entwickeln Schnelltests, um die Qualität von Trinkwasser zu prüfen

Die Trinkwasser-Schnelltests sollen mithilfe von Farbsignalen anzeigen, welche Substanzen in der Probe enthalten sind. Foto: Evgeny Borisov

Was trinke ich da eigentlich? Ist mein Trinkwasser verunreinigt durch Schwermetalle? Und kann ich selbst testen, ob K.O.-Tropfen in meinem Getränk sind?

Zehn Studierende der Universität Bielefeld arbeiten daran, einen Teststreifen zu entwickeln, damit jeder schnell die Qualität seines Getränks oder Trinkwassers testen kann. Mit diesem Projekt treten sie beim diesjährigen iGEM-Wettbewerb in Boston, USA, an. iGEM steht für „international Genetically Engineered Machine“ und ist der bedeutendste studentische Wettbewerb der synthetischen Biologie.

Vom 24. September bis 28. September stellen die Studierenden ihre Forschungsergebnisse in Boston vor und treten damit gegen Projekte von anderen Universitäten weltweit an.

Verunreinigtes Trinkwasser kann nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in der direkten Umgebung ein Problem sein. Zu wissen, was sich im Wasser befindet und ob es unbedenklich ist, es zu trinken, kann in manchen Fällen überlebenswichtig sein. Ein Teststreifen, so einfach abzulesen wie ein Barcode, zum Beispiel durch eine Smartphone-App, könnte die Lösung des Problems werden.

„In Katastrophengebieten, zum Beispiel nach Überflutungen oder Erdbeben, könnte das Testsystem nützlich werden. Hilfskräfte sollen einfach, schnell, sicher und kostengünstig überprüfen können, ob die Menschen durch das Trinkwasser vor Ort gefährdet sind und können dann gegebenenfalls weitere Maßnahmen einleiten“, so iGEM-Team-Mitglied Luzia Buchholz.

Seit Januar arbeiten zehn Studierende um Professor Dr. Jörn Kalinowski an diesem Thema und erarbeiten seit April im Labor Ansätze mithilfe verschiedener Technologien. Auf Basis von gut erforschten Bakterien, wie zum Beispiel dem weit verbreiteten Escherichia coli, will das Team eine Lösung herstellen, die auf Papier aufgebracht und eingefroren werden kann.

In dieser Form ist sie lange lagerfähig und kann durch Zugabe von Wasser aktiviert werden. Das System hat den Vorteil, dass es bei der Anwendung keine lebenden Bakterien mehr enthält und keine Gefahr für die Umwelt darstellt. Eine andere Technologie bietet ein System, das auf dem Zusammenspiel von Proteinen und DNA beruht und auf einem Teststreifen basiert. Wenn eine Wasserprobe auf das System aufgetragen wird, soll es in beiden Fällen ein Farbsignal anzeigen, je nachdem ob und welche Substanzen darin enthalten sind.

„Erste positive Ergebnisse machen uns Hoffnung, das System bald einsatzfähig zu haben“, sagt Kalinowksi.

Der Test soll sowohl Schwermetalle nachweisen können als auch Chemikalien, die zum Beispiel in K.O.-Tropfen vorkommen. Das Besondere an dem Schwermetalltest ist, dass auf mehrere Schwermetalle gleichzeitig getestet werden soll. „Einen solch einfachen, für jeden anwendbaren Test auf viele mögliche und gefährliche Substanzen, hat es bisher bei iGEM noch nicht gegeben“, sagt Team-Mitglied Linh Ho.

Der neue Teststreifen könnte außerdem dazu genutzt werden, eigene Getränke vor dem Verzehr, zum Beispiel auf öffentlichen Veranstaltungen, auf sogenannte K.O.-Tropfen zu kontrollieren. „Der kostenintensive Nachweis von Substanzen, die in K.O.-Tropfen enthalten sein können, erfolgt bisher nur im Verdachtsfall in speziell ausgerüsteten Laboren. Vor allem aber verhindert er die Einnahme nicht.

Das könnte sich durch unseren Teststreifen ändern“, sagt iGEM-Mitglied Janina Lüders zum potenziellen Nutzen des Systems. „Der Nachweis könnte auch für medizinisches Fachpersonal eine Arbeitserleichterung sein, da die Gefahrenlage schnell und sicher eingeschätzt werden könnte. Wir stehen bereits in Kontakt mit einem lokalen Krankenhaus, um Expertenmeinungen zu erhalten.“

iGEM ist ein Wettbewerb im Bereich der synthetischen Biologie in Boston, USA. Dort wird das Team aus Bielefeld auf Konkurrenz von Universitäten aus aller Welt treffen. Im elften Jahr nehmen über 250 Teams an dem Wettbewerb teil. Seit 2010 ist die Universität Bielefeld bei iGEM vertreten und konnte bereits einen Vizeweltmeistertitel, verschiedene Sonderpreise und jedes Jahr die Goldmedaille gewinnen.

Das Bielefelder Team besteht aus Studierenden der Masterstudiengänge Molecular Cell Biology, Genome Based Systems Biology und molekulare Biotechnologie. Sie arbeiten im CeBiTec (Centrum für Biotechnologie), das an der Universität Bielefeld angesiedelt ist, an dem Projekt, das neben Laborarbeit auch Sponsoring, Öffentlichkeitsarbeit und Modellierung beinhaltet.

Weitere Informationen im Internet:
www.igem-bielefeld.de
http://2015.igem.org/Team:Bielefeld-CeBiTec

Kontakt:
Prof. Dr. Jörn Kalinowski, Universität Bielefeld
Vorstand Centrum für Biotechnologie – CeBiTec
Tel.: 0521 106-8756
E-Mail: joern@cebitec.uni-bielefeld.de oder info@igem-bielefeld.de

http://www.igem-bielefeld.de

Media Contact

Sandra Sieraad idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer