Magdeburger und Züricher Forscher stellen in Nature Neuroscience ihre gemeinsamen Ergebnisse vor

Perspektivisch könnten sich aus diesen Erkenntnissen neue Ansätze für die Diagnose und Therapie affektiver Erkrankungen, wie beispielsweise Depressionen oder Angsterkrankungen, ergeben.

Zunächst einmal haben die Wissenschaftler um Georg Northoff die Aktivität bestimmter Hirnareale im Verlaufe einer emotionalen Aufgabe – die Wahrnehmung und Beurteilung von emotionalen Bildern – unter Einsatz der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) bei gesunden Probanden untersucht. Dabei fanden sie so genannte negative Signalveränderungen, die auch negative BOLD-Effekt (NBE) genannt werden, in einer speziellen Region, dem perigenualen anterioen zingulären Kortex (PACC).

Anschließend haben sie bei genau denselben gesunden Probanden in genau derselben Region, dem PACC, die Konzentrationen von verschiedenen neurochemischen Metaboliten unter Einsatz der Magentresonanzspektroskopie (MRS) gemessen. Bei diesen handelte es sich u.a. um GABA, ein Überträgerstoff im Gehirn, der vorwiegend hemmende Wirkung auf die neuronale Aktivität ausübt, sowie um Glutamat und Glutamin, die vor allem eine erregende bzw. exitatorische Wirkung auf die neuronale Aktivität ausüben. Dabei fanden Georg Northoff und seine Kollegen einen direkten Zusammenhang zwischen der Konzentration von GABA im perigenualen anterioren zingulären Kortex und dem Ausmaß der negativen Signale in genau derselben Region unter emotionaler Stimulation. Im Unterschied dazu fand sich weder ein Zusammenhang von Glutamat und Glutamin noch von anderen Substanzen, wie z.B. Aspartat, mit der neuronalen Aktivität im perigenualen anterioren zingulären Kortex.

Zusammenfassend legen diese Befunde nahe, dass die im fMRT gerade in diesen Regionen beobachteten negativen Signaleffekte möglicherweise direkt in einem Zusammenhang mit GABA und somit mit einer Hemmung der Hirnaktivität stehen. Je stärker die negativen Signalveränderungen sind, desto stärker offenbar auch die neuronale Hemmung. Die vorliegenden Ergebnisse tragen somit erheblich zu einer Aufklärung der bisher nur wenig bekannten neurochemischen Mechanismen der negativen Signalveränderungen im fMRT bei.

Darüber hinaus ergänzen die vorliegenden Befunde Untersuchungen bei Tiermodellen, in denen gezeigt wurde, dass die neuronale Aktivität in dieser Region speziell durch GABA-erge Substanzen wie z.B. Benzodiazepine moduliert werden kann. Hieran anknüpfend tragen die vorliegenden Befunde auch zu einem besseren Verständnis von affektiven psychiatrischen Erkrankungen bei. Tiermodelle zeigten, dass Veränderungen von GABA-Rezeptoren in diesen Regionen zu einem stark ängstlichen Verhalten führt.

Zusammenfassend weisen die vorliegenden Befunde erstmals nach, dass offenbar ein direkter Zusammenhang zwischen der Konzentration von GABA und der durch emotionale Stimulation ausgelösten Signalveränderungen in diesen Regionen besteht. Eine Veränderung dieses Zusammenhanges könnte, so wird vermutet, ursächlich bei der Entstehung von affektiven Störungen, also Stimmungsstörungen, wie der Depression oder bei Angsterkrankungen, beteiligt sein. Schlussfolgernd aus diesen Erkenntnissen plant die Gruppe um Prof. Northoff, die weltweit von ihnen erstmalig durchgeführte Kombination der beiden Messtechniken, fMRT und MRS, auch bei Patienten mit diesen Erkrankungen einzusetzen. Die Neurowissenschaftler hoffen, dass sich daraus möglicherweise Aussagen zu neuen diagnostischen und therapeutischen Ansätzen und spezifischen Markern für die Diagnose und Therapie dieser Erkrankungen ergeben könnten.

Nähere Informationen unter: http://npgjournals.com/neuro/index.html

Ansprechpartner für Redaktionen:
Prof. Dr. med. Dr. phil. Georg Northoff
Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Magdeburg
Tel.: 0391-67 13479, -15029
Fax: 0391-67 15223
E-mail: georg.northoff@med.ovgu.de

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