Auf der Suche nach dem Generalschlüssel

In seiner Forschung geht es Professor Müller insbesondere darum, Strukturen von Proteinen und Protein-Protein Komplexen aufzuklären – bevorzugt mit Hilfe der Röntgenbeugung oder Kernresonanz-Spektroskopie. Und indem sie die Erkenntnisse über die Raumstruktur mit funktionellen Studien wie zum Beispiel der Messung des Zusammenwirkens mit anderen Proteinen – der Mutagenese – verknüpfen, versuchen Müller und seine Kollegen die molekularen Mechanismen zu erhellen, mit denen Proteine beispielsweise Signale in die Zellen leiten oder Enzyme ihr Substrat in das gewünschte Produkt umsetzen.

Der Hintergrund ist folgender: Während man früher – der „Schlüssel-Schloss-Hypothese“ von Emil Fischer folgend – davon ausging, dass Proteine aufgrund von geometrischen Gegebenheiten möglichst nur einen einzigen Bindepartner erkennen können, weiß man heute, dass vor allem Proteinhormone häufig an mehrere unterschiedliche Rezeptoren binden, umgekehrt auch ein Rezeptor sehr häufig mehr als nur ein Hormon binden kann.

Dadurch versteht man nun, „warum sich meistens gar nichts ändert, oder zumindest nicht in die gewünschte Richtung, wenn man nur ein Hormon beeinflusst“, erklärt Müller: „Das heißt, man muss sich das Zusammenwirken der Hormone eher als Netzwerk denn als kausale Kette vorstellen. Und wenn man verstehen würde, wie ein Generalschlüssel funktioniert, könnte man ihn auch nachbauen. Dann wären gezielte Eingriffe in Signalketten möglich.“

Bisher hat sich Thomas Müller in seiner Arbeit vor allem auf die Proteinfamilien der Zytokine und Knochenwachstumsfaktoren konzentriert. In Zukunft sollen jedoch ähnliche Beispiele in der Pflanzenwelt untersucht werden. Auch hier sind eine Reihe von Rezeptoren, zum Beispiel in der Pflanzen-Immunabwehr, in der Lage, unterschiedliche Pathogen-Liganden zu binden und somit zu detektieren. Hier will man klären, ob sich für pflanzliche Proteine ähnliche Mechanismen für Protein-Protein-Interaktionen entwickelt oder ob sich neuartige Wechselwirkungsmuster ausgebildet haben.

Müller hat in Würzburg Chemie studiert und wurde hier 1995 am Theodor-Boveri-Institut für Biowissenschaften promoviert. Nach Forschungsaufenthalten unter anderem am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, an den European Molecular Biology Laboratories (EMBL) (Heidelberg) und an der University of California in Los Angeles, war er von 2001 bis 2007 wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Physiologische Chemie II und Leiter der Abteilung Strukturbiologie. Seit Ende 2006 ist er auch Mitglied des Rudolf-Virchow-Zentrums.

Media Contact

Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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