Antikörper baut zerstörtes Immunsystem wieder auf

Immunbiologen von der Universität Würzburg wollen eine neuartige Therapie entwickeln, um Patienten mit einem zusammengebrochenen Immunsystem helfen zu können. Ihre bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend.

Für die Erkennung und Vernichtung von Krankheitserregern sind im Körper des Menschen bestimmte Zellen zuständig, die Lymphozyten. Wenn ihre Zahl zu stark absinkt, dann kann das Immunsystem nicht mehr arbeiten – das ist zum Beispiel bei der Immunschwächekrankheit AIDS der Fall, aber auch nach einer Chemo- oder Strahlentherapie. Zwar regenerieren sich die Lymphozyten dann wieder von alleine, doch verläuft dieser Prozess so langsam, dass der Patient über Monate bis Jahre hinweg extrem infektanfällig bleibt.

Wissenschaftler vom Institut für Virologie und Immunbiologie der Uni Würzburg haben einen Antikörper isoliert, der die Immunzellen dazu bringt, sich schnell zu vermehren. Dazu Projektleiter Prof. Dr. Thomas Hünig: „Werden Ratten mit diesem Antikörper behandelt, dann vermehren sich ihre T-Lymphozyten rasch, ohne dass es zu erkennbaren schädlichen Nebenwirkungen kommt.“

Dieser Effekt setzt auch ein, wenn die natürlich vorhandenen T-Lymphozyten der Ratten durch eine Bestrahlung zerstört wurden. Erhalten die Tiere danach gesunde T-Lymphozyten in geringer Zahl zugeführt, dann vermehren diese sich nur langsam: Erst nach einigen Monaten erreichen sie wieder fast normale Werte.

Behandelt man die Ratten aber gleichzeitig mit dem Antikörper, dann beschleunigt sich die Erholung des Immunsystems so, dass schon nach drei Wochen im Vergleich zu unbehandelten Tieren fünf- bis zehnfach erhöhte Lymphozytenzahlen im Blut gemessen werden. Außerdem zeigen die Tiere nach der Behandlung wieder eine Immunantwort gegen Modellantigene, zum Beispiel gegen artfremde Proteine.

Der verwendete monoklonale Antikörper stimuliert die T-Lymphozyten, indem er an das CD28-Oberflächenmolekül dieser Immunzellen bindet. Die Arbeitsgruppe von Prof. Hünig untersucht jetzt, ob ein Immunsystem, das durch eine CD28-Therapie wieder aufgebaut wurde, auch tatsächlich Schutz vor infektiösen Erregern verleiht. „Wir hoffen, mit diesen Untersuchungen einen Weg zu finden, über den sich die Abwehrreaktionen bei immunologisch beeinträchtigten Patienten effizient wiederherstellen lassen“, so der Professor.

Diese Arbeiten laufen im Rahmen des Würzburger Sonderforschungsbereichs 479 „Erregervariabilität und Wirtsreaktion bei infektiösen Krankheitsprozessen“ und werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Die Entwicklung von der Beobachtung im Tiermodell zum Therapeutikum übernimmt die junge Biotechnologiefirma TeGenero, eine Ausgründung des Instituts. Sie wird im neuen BioMed-Zentrum des Würzburger Science-Parks arbeiten und plant, das vielversprechende Konzept in wenigen Jahren in die klinische Erprobung zu bringen.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Thomas Hünig, T (0931) 201-3951, Fax (0931) 201-2243, E-Mail:
huenig@vim.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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