Gesundheitsprobleme durch Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie
Amerikanischer Korbblütler kann schwere Pollenallergien auslösen / Bundesweiter Arbeitskreis gegründet
Die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) und ihr Gesundheitsgefährdungspotenzial stand im Mittelpunkt eines von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig organisierten Workshops. Die aus Nordamerika stammende Art kann schwere Pollenallergien hervorrufen. Die Brisanz des Themas für die menschliche Gesundheit bewog die Teilnehmer des Workshops, einen interdisziplinären Arbeitskreis zu gründen und sich regelmäßig zu treffen.
Weit verbreitet ist die Beifuß-Ambrosie bereits in mehreren europäischen Ländern, beispielsweise im Raum Lyon oder Raum Mailand oder Ungarn einschließlich aller umgebender Länder. Derzeit breitet sie sich auch in mehreren Regionen Deutschlands aus, etwa im Raum Mannheim-Karlsruhe. Aus Hessen sind bislang nur wenige und zudem individuenarme Vorkommen bekannt.
Die zu der Familie der Korbblütler (Asteraceae) zählende Beifuß-Ambrosie ist eine einjährige Pflanze, die bis zu 200 cm hoch werden kann. Als windblütige Art produziert sie in ihrer Hauptblütezeit zwischen August und Oktober große Menge an Pollen. Einzelne große Pflanzen können bis zu 62.000 Samen ausbilden, die im Boden mehr als 39 Jahre lebensfähig bleiben.
Die Universität Frankfurt lieferte im Rahmen des Workshops einige zentrale Beiträge. Dr. Beate Alberternst und Dr. Stefan Nawrath vom Institut für Ökologie, Evolution und Diversität berichteten im Einleitungsreferat von ihren Forschungsergebnissen zur Biologie, der Verbreitung und den Einschleppungswegen der Beifuß-Ambrosie in Deutschland. Dr. Ralf Horres von der Firma GenXPro GmbH, einer jungen Ausgründung der Universität im Frankfurter Innovationszentrum Biotechnologie (FIZ), referierte über molekularbiologische Ansätze zur Problemanalyse und Entwicklung von Handlungsstrategien. Eine vergleichende Analyse markerbasierter biogeographischer Daten mit meteorologischen Daten, Pollenkonzentrationsmessungen und Untersuchungen zur Sensibilisierung der Bevölkerung gegenüber Ambrosia artemisiifolia-Pollen ermöglicht seiner Meinung nach ein effektives Monitoring der Ausbreitungsdynamik und somit der Entwicklung des Allergie auslösenden Potentials der Beifuß-Ambrosie in Deutschland.
Dr. Frank Reinhardt schließlich hat im Auftrag des Umweltbundesamtes eine Studie zu den ökonomischen Folgen sich ausbreitender gebietsfremder Arten erstellt und dabei erstmals für Deutschland eine Monetarisierung ökologischer Schäden vorgenommen. Obwohl die Beifuß-Ambrosie bislang in Deutschland noch recht selten ist, verursacht sie im Gesundheitswesen nach seinen Schätzungen bereits Kosten von etwa 32 Mio. Euro jährlich. Bei der zu erwartenden weiteren Ausbreitung der Art ist eine Vervielfachung der Kosten absehbar.
Wesentlich zu klären ist für die Frankfurter Forscher, ob und wie schnell eine Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie erfolgen wird; auch Einschleppungswege gilt es zu identifizieren.
Eine effektive Einschleppung geschieht über Vogelstreufutter, das mit Samen der Pflanze verunreinigt ist. Nach Analyse von 33 Vogelfutterproben aus verschiedenen Geschäften des Rhein-Main-Gebietes wurden in der Mehrzahl der Produkte Ambrosia-Samen nachgewiesen, teils in großer Zahl. Vielfach kommt es bei diesen Einschleppungen jedoch nicht zum Aufwuchs von Ambrosia, da die Jungpflanzen meist der Gartenpflege zum Opfer fallen. Streuvogelfutter sollte außerhalb gepflegter Gärten jedoch nicht verwendet werden. Wünschenswert wäre, dass bei der Produktion von Streuvogelfutter ebenso strenge Kriterien an die Saatgutreinheit gestellt würden, wie bei dem zu Nahrungszwecken bestimmten Saatgut um eine Einbringung der Art zu verhindern.
Da zu erwarten ist, dass sich die Beifuß-Ambrosie auch im Rhein-Main-Gebiet ausbreiten wird, sind alle Leser gebeten, nach dieser Art zu schauen und Fundorte an Dr. Stefan Nawrath zu melden. Nähere Beschreibungen und Abbildungen sind unter www.ambrosiainfo.de einzusehen
Kontakt: Dr. Stefan Nawrath; Abteilung Ökologie und Diversität; Institut für Ökologie, Evolution und Diversität des Fachbereichs Bio-wissenschaften; Siesmayerstr. 70; 60323 Frankfurt; Tel. 069-798-24731; Fax.: 069-798-24702; E-Mail: S.M.Nawrath@em.uni-frankfurt.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.ambrosiainfo.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge

Diagnose-App für Tierärzte
h_da-Forscherinnen entwickeln KI-gestütztes Tool. Drei Forscherinnen der Hochschule Darmstadt (h_da) entwickeln gemeinsam mit zwei Tierärztinnen eine Diagnose-App für Haus- und Nutztiere. Sie soll Untersuchungen und Befunde in Veterinärpraxen vereinheitlichen, Krankheitsverläufe…

Die Geschwindigkeit der Zeit verändern
Künstliche Intelligenz in Robotern oder Kleidungstechnologie soll autonom auf gestresste oder gelangweilte Menschen reagieren – Team aus der Wahrnehmungspsychologie an EU-Projekt ChronoPilot beteiligt. Während sich im Stau die Sekunden und…

Nachhaltige Lösungen für Mobilität, Energie und Industrie
Hannover Messe 2023: Automatisiertes Fahren im ÖPNV, optische Filter aus dem Tintenstrahldrucker und ein intelligent vernetztes Experimentierfeld für die Energiesysteme der Zukunft: Diese und weitere Innovationen stellt das Karlsruher Institut…