Bislang unbekannte allergische Reaktionen bei Waldarbeitern und Forstwirten festgestellt

Mainzer Mikrobiologen untersuchen Ursachen der allergischen Reaktionen – Betroffene Personen um Mitarbeit gebeten


Im Sommer und Herbst 2005 sind bei Waldarbeitern und Forstwirten mehrere Fälle ernsthafter allergischer Hautreaktionen aufgetreten. Häufig werden die allergischen Hautreizungen von den Brennhaaren des Eichenprozessionsspinners ausgelöst. Allerdings konnten einige Erkrankungen damit nicht erklärt werden. „In diesen Fällen hatten die Betroffenen zuvor Kontakt mit gelagertem Eichenbrennholz“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Helmut König vom Institut für Mikrobiologie und Weinforschung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Wir vermuten nun aus verschiedenen Gründen, dass es sich um eine bislang unbekannte allergische Reaktion handelt, die möglicherweise von Holz bewohnenden Insekten ausgelöst wird.“ Das Institut für Mikrobiologie und Weinforschung will in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zoologie, Allergologen und Hautärzten, den Forstämtern und der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz bei weiteren Untersuchungen den Verursacher und das eigentliche Allergie-auslösende Agens feststellen. Deshalb werden betroffene Personen um Rückmeldung gebeten.

Allergische Reaktionen als Folge von Kontakt mit Insekten oder ihren Überresten reichen von unangenehm juckenden Quaddeln bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock – je nach Empfindlichkeit der Betroffenen auf das jeweilige Insektenallergen. Im Falle des Eichenprozessionsspinners, einer Schmetterlingsart, wirkt das Nesselgift Thaumetoporin als Allergen. Es wird in speziellen Brennhaaren ab dem dritten Raupenstadium im Mai/Juni gebildet und ruft in der Regel eine als Raupendermatitis bezeichnete Hautreaktion hervor. Beim Einatmen der Haare kann es aber auch zu Bronchitis oder Asthma und bei besonders empfindlichen Menschen zum anaphylaktischen Schock kommen. Dabei ist ein direkter Kontakt zwischen Mensch und Insekt nicht notwendig, weil die feinen Brennhaare mit dem Wind überall hin verfrachtet werden. Meist sind die Hautpartien besonders betroffen, die nicht durch Kleidung bedeckt sind, so dass man bei richtiger Kleidungswahl das Risiko verringern kann.

Überraschenderweise fanden sich im Sommer 2005 auch allergische Reaktionen nach dem Kontakt (Sägearbeiten) mit Eichenholz, die nicht an frei zugänglichen Körperpartien wie Gesicht und Händen auftraten, sondern nur im Bereich des bekleideten Oberkörpers. „Die stark juckenden, rot angeschwollenen Quaddeln betrafen den gesamten Oberkörper und erinnerten in ihrer Ausprägung an unzählige Insektenstiche“, beschreibt König das Krankheitsbild. In einem Fall war die Reaktion so schwerwiegend, dass eine mehrtägige stationäre Behandlung notwendig war. Die Symptome der allergischen Hautreaktion und das Fehlen des Prozessionsspinners in den Waldbeständen und Brennholzstößen lassen darauf schließen, dass es sich um einen bislang unbekannten Auslöser handelt, der beim Sägen von gelagertem Brennholz unter die Kleidung gerät. Vermutet wird, dass es sich um Wanzen (Größe unter 2 mm) handeln könnte. Dank einer hohen Zahl von Beutetieren könnten sich die Wanzen unter der Eichenrinde stark vermehrt haben und beim Sägen der Holzscheite über die Luft unter die Kleidung der arbeitenden Person gelangt sein. Personen, die nach der Aufarbeitung von gelagertem Brennholz die beschriebenen Symptome bemerken, sollten sich in ärztliche Behandlung begeben und werden gebeten, sich am Institut für Mikrobiologie und Weinforschung zu melden.

Kontakt und Informationen:
Univ.-Prof. Dr. Helmut König
Institut für Mikrobiologie und Weinforschung
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. 06131 39-24634 oder 39-22662
Fax 06131 39-22695
E-Mail: hkoenig@uni-mainz.de

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Petra Giegerich idw

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