Todesfälle durch neue Variante des Milzbranderregers – bei wild lebenden Schimpansen und Gorillas

Forscher des Robert Koch-Instituts haben in enger Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig, eine bisher unbekannte Variante des Milzbranderregers entdeckt. Den neuen Erreger fand die Forschergruppe um Fabian Leendertz und Heinz Ellerbrok bei drei Schimpansen und einem Gorilla im Dja-Reservat in Kamerun. Das zeigt, dass Milzbrandbakterien (Bacillus anthracis) als Todesursache wild lebender Menschenaffen weiter verbreitet sind als bisher vermutet. Die in dem Online-Journal PLoS Pathogens veröffentlichten Ergebnisse haben auch eine Bedeutung für Industriestaaten. So ist nicht auszuschließen, dass einige der bisher bei Milzbrandverdacht verwendeten Nachweisverfahren diese neue Erregervariante nicht feststellen können. „Das unterstreicht die Notwendigkeit, moderne Diagnostikverfahren ständig zu überprüfen und zu verbessern, insbesondere bei Erregern wie Bacillus anthracis, die für bioterroristische Anschläge eingesetzt werden könnten“, sagt Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts.


Die Forschergruppe aus Leipzig und Berlin hatte bereits im Jahr 2004 im Fachmagazin Nature die ersten jemals beobachteten Fälle von Anthrax bei wild lebenden Schimpansen vorgestellt (siehe auch Pressemitteilung vom 21.07.2004). Der Fund der neuen Variante zeigt, dass Bacillus anthracis wesentlich variabler ist als bisher angenommen. Die molekularbiologischen Analysen belegen, dass diese neue als Bacillus anthracis F (forest strain) bezeichnete Subgruppe sich deutlich von dem klassischen B. anthracis unterscheidet. Sie muss sich nicht nur sehr früh in der Evolution von den anderen Mitgliedern dieser Bakteriengruppe abgespalten haben, sondern hat sich auch bisher unbemerkt in West- und Zentralafrika verbreitet.

Warum der Erreger nur in den Regionen des afrikanischen Regenwaldes und bisher nur im Zusammenhang mit Todesfällen bei Menschenaffen aufgefallen ist, soll im Rahmen einer Initiative untersucht werden, die von Verhaltensforschern und Laborwissenschaftlern unter Führung von Christophe Boesch vom Max-Planck Institut für Evolutionäre Anthropologie und Georg Pauli vom Robert Koch-Institut vor knapp zwei Jahren gegründet wurde (Great Ape Health Monitoring Unit, GAHMU). Möglicherweise sind solche Infektionen bisher unentdeckt geblieben, weil einige der bisher verwendeten Nachweisverfahren diese neue Erregervariante nicht feststellen können.

„Die Ergebnisse zeigen auch, dass in den tropischen Regenwäldern ein unbekanntes Potenzial an Krankheitserregern vorhanden ist“, unterstreicht Reinhard Kurth. Durch die Zerstörung der Regenwälder rücken Menschen und im Regenwald lebende Tiere immer näher zusammen. Das Risiko steigt, dass der Mensch in engen Kontakt mit neuen Krankheitserregern oder neuen Varianten von bekannten Erregern kommt. Die lokale Bevölkerung ist insbesondere durch Infektionserreger bedroht, die über Wilderei und den zwar verbotenen, aber immer noch vorkommenden Handel und Verzehr von Fleisch aus den Regenwäldern, dem „Bushmeat“, übertragen werden können.

Die Veröffentlichung „A new Bacillus anthracis found in wild chimpanzees and a gorilla from West and Central Africa“ ist in der Januarausgabe des frei zugänglichen Online-Journals PLoS Pathogens erschienen und dort abrufbar: http://pathogens.plosjournals.org

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