Altägyptische Balsamierungstechniken auf dem Prüfstand

Naturwissenschaftler veröffentlichen in „Nature“ über Herstellung des Balsamierungsteers

Über Einbalsamierungstechniken im alten Ägypten berichten Tübinger und Münchner Forscher in der nächsten Ausgabe des Fachjournals „Nature“. Durch die Analyse eines unbenutzten Balsamierungsteers aus der 18. Dynastie (um 1500 v. Chr.) wiesen sie nach, dass es aus Zedernholz hergestellt worden war. Bisher galt unter den Ägyptologen die Lehrmeinung, dass derartige Teere aus Wacholderholz destilliert worden seien. Darüber hinaus konnte das Team um Ulrich Weser vom Physiologisch-Chemischen Institut in Tübingen und Johann Koller vom Doerner-Institut in München mit dem Guaiacol einen bemerkenswert wirksamen Konservierungsstoff im Balsamierungsteer identifizieren.

Im alten Ägypten wurden Tote einbalsamiert, um ihre Körper für das Leben im Jenseits zu konservieren. Da manche Mumien Wacholderbeeren in den Händen hielten, gingen die Ägyptologen bisher davon aus, dass auch der Balsamierungsteer aus Wacholder hergestellt worden sei. Zu dieser Annahme trug außerdem bei, dass die griechische Sprache für Zeder und Wacholder nur einen Begriff, kedros, kennt. Ulrich Weser und seine Kollegen stellten für ihre Untersuchungen einen Extrakt aus einem unbenutzten Balsam her, der bei der Mumie „Saankh-kare“ in Deir el-Bahari, Ägypten, entdeckt worden war. Mit Hilfe der Gaschromatographie konnten sie nachweisen, dass die Substanz Sesquiterpenoide, Junipen, Cadalen, Calamen, Cuparen und alpha-Curcumen enthält, die aus dem Koniferenholz stammen. Diese Kombination von Inhaltsstoffen weist darauf hin, dass der Teer mit großer Wahrscheinlichkeit aus Zedern und nicht aus Wacholder hergestellt worden ist.

Die Biochemiker untersuchten darüber hinaus die Substanzen Guaiacol, p-Cymol, Limonen und alpha-Pinen auf ihre konservierende Wirkung. Sie bedeckten in einem Modellversuch Schweineknochen mit jeweils einer dieser Substanzen und bewahrten sie 35 Tage bei Raumtemperatur auf. Um die Wirkung nachzuweisen, bestimmten sie anschließend die Aktivität des Enzyms Alkalische Phosphatase. Guaiacol erwies sich dabei als das effektivste Konservierungsmittel; in den damit behandelten Knochen wies das Enzym eine zwölfmal höhere spezifische Aktivität auf als in den unbehandelten Proben.

Weitere Informationen:

Prof. Ulrich Weser
Physiologisch-Chemisches Institut
Universität Tübingen,
Tel./Fax: (07071) 29-5564
E-Mail: ulrich.weser@uni-tuebingen.de

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Michael Seifert idw

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