Lebensmittel für höhere Funktionen
Wohl kaum jemand wird genau wissen, was der Begriff „functional food“ genau bedeutet, doch wenn sich Wissenschaftler damit beschäftigen, könnte es durchaus sein, dass wir künftig schon allein durch den Verzehr unserer bevorzugten Lebensmittel bei guter Gesundheit bleiben und Krankheiten vorbeugen.
Den „functional foods“ – Lebensmitteln mit definierten Verwendungseigenschaften also – liegt die Idee zugrunde, Nahrungsmittel mit natürlichen Inhaltsstoffen anzureichern, die der menschlichen Gesundheit zuträglich sind und Erkrankungen vorbeugen. Damit werden gewöhnliche Lebensmittel zu Medikamenten, wie sie von den Ärzten in der Regel zur Behandlung oder Abwendung verschiedenster Gebrechen empfohlen werden. So könnte ein Diätist seinem Patienten ohne weiteres den Verzehr von fettarmen Milchprodukten verordnen, um das Risiko von Herzerkrankungen zu senken.
Die Möglichkeiten sind außerordentlich vielfältig und bringen möglicherweise zahllose Vorteile, doch die heutige Realität ist noch weit von beidem entfernt. Verschiedene europäische Lebensmittelspezialisten haben gemeinschaftlich die Praxistauglichkeit und die mögliche Diversität von Functional Foods untersucht. Streng genommen, sind Functional Foods als Lebensmittel definiert, die modifiziert und durch natürliche genetische Stimulation so angereichert wurden, dass die Vorzüge zeigen, die weit über ihre natürlichen Nähreigenschaften hinausgehen.
Gegenwärtig versuchen die Forscher zu definieren und zu verstehen, welches Medium sich am besten als Träger für die zusätzlichen Nährstoffe eignen, die in den neuartigen Lebensmitteln enthalten sein könnten. Caseinophosphopeptide sind vielversprechende Kandidaten, doch bevor ihre Verwendung populär gemacht werden kann, bedarf es eines vertiefteren Verständnisses ihrer Wirkungsweise. Daher wurde in Studien der Transfer von Caseinophosphopeptiden durch den Verdauungstrakt und die dabei erzielten Wirkungen untersucht. Parallel dazu wurden im Rahmen einer Zytotoxizitätsanalyse zytochemische Untersuchungen zur Ermittlung möglicher zytotoxischer Reaktionen durchgeführt.
Die Ergebnisse ließen erkennen, dass mit Caseinophosphopeptiden angereicherte Lebensmittel keinerlei apoptotische, antiproliferative oder allgemeine zytotoxische Wirkungen anregten, auslösten oder auf andere Weise zur Folge hatten, wenn die Caseinophosphopeptide auf einem Caseinhydrolysat basierten. In Ileostomie-Studien wurden mehrere Stunden nach der Nahrungsaufnahme hohe Caseinophosphopeptid-Konzentrationen nachgewiesen. Diese Erkenntnis ist verheißungsvoll, denn damit Caseinophosphopeptide als bioreaktive Substanzen wirken, müssen sie auf ihrem Weg bis zum Ileum, also dem Dünndarm, die enzymatische Verdauung überstehen.
Caseinophosphopeptide kommen daher als Functional-Food-Zusätze prinzipiell in Frage. Eine solche Verwendung muß jedoch noch in weiteren Untersuchungen des europäischen Konsortiums unter verschiedensten Aspekten geprüft werden. Für die wissenschaftliche Forschung gibt es also noch eine Menge zu tun, bevor Functional Foods zu normalen Nahrungsmitteln für die Allgemeinheit werden können.
Kontakt
MEISEL, Hans (Professor Dr)
Federal Dairy Research Centre
Institute for Chemistry and Technology
Interim Head of Institute
Hermann-Weigmann-Str. 1
24103
Kiel
GERMANY
Tel: +49-431-6092260
Fax: +49-431-6092300
E-Mail: meisel@bafm.de
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