Eintauchen in die Nanosphäre

Wissenschaftler des Weizmann Instituts entwickeln eine erheblich bessere Methode zur Bewertung ultradünner Filme. Mögliche Vorteile sind verschiedene mikroelektronische Anwendungen und ein verbessertes Verständnischemischer und biologischer Systeme.

Können Sie sich vorstellen, die Schichten einer Buttercremetorte zu bestimmen, ohne den Kuchen anzuschneiden? Bei nanoskopisch kleinen Schichten ist dies nun möglich.

Seit Jahrzehnten denken große Köpfe in immer kleineren Maßstäben. So zum Beispiel bei ultradünnen Filmen. Ultradünne Filme, die oft weniger als 10-15 Nanometer dick sind, werden in unterschiedlichen Bereichen angewandt, von Optoelektronik bis zu biologischen Sensoren. (Ein Nanometer ist rund ein hunderttausendstel des Durchmessers eines menschlichen Haares.)

Eine zentrale Anforderung für solch lilliputanische Leistungen ist die akkurate Zusammensetzung und Strukturanalyse. Um jedoch einen Blick „in die Filme“ zu werfen, die oftmals aus verschiedenen Schichten bestehen, benötigtman hochempfindliche Messungen. Die zur Verfügung stehenden Techniken liefern oft nicht die Art von Informationen, die zur Bewertung der Schichtstrukturen notwendig sind. (Analog dazu liefern Röntgenstrahlenzwar einen hervorragenden Einblick ins Körperinnere, doch die relative Tiefe einzelner Gewebsarten ist mit ihrer Hilfe nur schwer zu bestimmen.) Techniken, die dieses Problem lösen sollen, sind allgemein kompliziert und beschädigen oft die Materialprobe, was die Messergebnisse beeinträchtigt.

Dr. Hagai Cohen vom Chemischen Dienst des Weizmann Instituts und Prof. Israel Rubinstein von der Abteilung Materialien und Grenzflächen haben nun eine neuartige Methode zur Untersuchung ultradünner Filme entwickelt, vor allem für nicht-leitende Filme auf leitfähigen Substraten. Ihre Studie, die kürzlich in der Zeitschrift Nature erschien, stuetzt sich auf Roentgen-Photoelektronenspektroskopie (XPS), eine übliche Technik zur Oberflächenanalyse.

Bei XPS wird die Probe Röntgenstrahlen ausgesetzt, wodurch Photoelektronen herausgeschleust werden. Durch Messung der Energie der Photoelektronen ist es möglich, die Atome zu bestimmen, von denen sie stammen. Forscher setzen dabei normalerweise einen Elektronenstrahler ein, um die positive Oberflächenladung zu neutralisieren, die sich bei nicht-leitfähigenProben als natürliche Konsequenz des Elektronenausstoßes bildet, da die Ladung die Energie der Photoelektronen beeinflusst und die Messergebnisse beeinträchtigt.

Cohen und Rubinstein erkannten aber auch, dass der Effekt der OberflächenladungRückschlüsse auf den Aufbau der Probe zulässt – die Höhe der Energieänderungdes Photoelektrons korreliert direkt mit der Tiefe des Atoms innerhalb des Films (je tiefer das Atom, desto kleiner dieÄnderung). Sie beschlossen, den entgegengesetzten Blickwinkel einzunehmen und setzten den Elektronenstrahler ein, um die Probe mit Elektronen von geringer Ladung zu bestrahlen. Die auf diese Weise negativ geladene Oberflächeführte zu kontrollierten, leicht messbaren Änderungen in der Energie der Photoelektronen. Durch Messung dieser Änderungen gelang es den Forschern, sowohl den Atomtyp als auch seine Tiefe innerhalb des Films zu bestimmen.

Um ihren Ansatz zu überprüfen, benutzten die Wissenschaftler eines ihrer früheren Forschungsergebnisse: einen hoch organisierten, ultradünnenFilm, den sie mit Markeratomen in unterschiedlichen Tiefenschichten versehen hatten. Als sie das Verfahren mit diesem System testeten, lieferte die neue Methode Informationen über die Tiefe (einzelner Schichten) mit einer höheren Auflösung von etwa einem Nanometer, wobei die Probe nur minimal beschädigt wurde. Der Versuch bot auch einen einzigartigen Nebeneffekt – er gab Aufschluss über die elektrischen Eigenschaften des Films.

Diese Neuerung des Weizmann Instituts könnte sich für die Entwicklung einer Vielzahl mikroelektronischer Anwendungen als nützlich erweisen, ebenso für die Untersuchung verschiedenster chemischer und biologischer Systeme.

Die Studie wurde gemeinsam mit Prof. Abraham Shanzer von der Abteilung Organische Chemie, Dr. Alexander Vaskevich von der Abteilung Materialien und Grenzflächen, und mit den Doktoranden Ilanit Doron-Mor, Anat Hatzor und Tamar van der Boom-Moav durchgeführt.

Prof. Israel Rubinsteins Forschung wird unterstützt vom Philip-Klouznick-Fondsfür naturwissenschaftliche Forschung, der Minerva-Stiftung, dem Henri-Gutwirth-Fonds für Forschungsförderung und dem Fritz-Haber-Zentrum für Physikalische Chemie.

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Debbie Weiss

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