Körperabwehr: Stammesgeschichtlich älter als angenommen

Molekularbiologen finden Abwehrmolekül im Blut von Manteltieren

Wichtige Bausteine des menschlichen Immunsystems sind viel älter als bisher angenommen. Ein internationales Forscherteam um Thomas Bosch vom Zoologischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel konnte ein auf der Oberfläche von menschlichen „Killerzellen“ vorhandenes Molekül auch in Blutzellen von Manteltieren nachweisen. Dieses Molekül sorgt beim Menschen als Rezeptor für die Erkennung und Abwehr fremder oder entarteter Zellen. Über die Entdeckung berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Online-Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Für die Forscher zeigt die Entdeckung, wie wichtig vergleichende Untersuchungen auch an ungewöhnlichen Objekten sind.

Bosch und seine Kollegen fanden heraus, dass Manteltiere auf der Oberfläche ihrer Blutzellen ein Molekül besitzen, das als Rezeptor bei der Erkennung fremder Zellen eingesetzt werden kann. Das Molekül zeigt eine große Ähnlichkeit zu den CD94 Rezeptoren, die sich auf der Zelloberfläche der sogenannten menschlichen „Killerzellen“ befinden. Die Blutzellen der Manteltiere, die dieses BsCD94-1 Molekül tragen, scheinen damit die stammesgeschichtlichen Vorläufer der Killerzellen des Menschen zu sein. Damit sind zumindest einige Komponenten des ausgefeilten Immunsystems der Wirbeltieren weitaus älter als bislang angenommen. Statt eines rätselhaften immunologischen Urknalles scheint eher eine schrittweise Entwicklung stattgefunden zu haben.

Bislang ging man nämlich davon aus, dass nur Wirbeltiere ein komplexes erworbenes Immunsystem haben. Nach bisheriger Auffassung greifen einfache Tiere wie die kieferlosen Fische oder alle Wirbellosen bei Immunreaktionen ausschließlich auf Moleküle des so genannten angeborenen Immunsystems zurück. „Eines der größten biologischen Rätsel aller Zeiten ist die Evolution der erworbenen Immunantwort“, schreibt Charles Janeway in seinem gerade erschienenen Lehrbuch zur Immunologie. Er geht von einem immunologischen „Urknall“ aus, der bei den Wirbeltieren plötzlich die komplexen Moleküle des erworbenen Immunsystems entstehen ließ.

Manteltiere sind evolutionsgeschichtlich sehr alt und stehen stammesgeschichtlich an der Wurzel der Wirbeltiere und damit auch des Menschen. Es handelt sich dabei um einfache, festsitzende Meerestiere. Ihr Name stammt von der celluloseähnlichen Epidermis, die die Tiere wie ein Mantel umgibt. Einzeltiere können sich zu Kolonien zusammenschließen. Beim Aufeinandertreffen von zwei Kolonien kann es zur Verschmelzung oder zu Abstoßungsreaktionen kommen.

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Sandra Standhartinger pressetext.deutschland

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