Polymere erstrahlen in neuem Licht

Chemische Struktur des neuartigen Polymers, dessen Rückgrat in Form einer Leiter aufgebaut ist und das an den Seiten jeweils mit Phenylringen substituiert ist.

Deutsch-österreichisches Forscherteam demonstriert elektrisch induzierte Phosphoreszenz in Kunststoff Leuchtdioden auf Polymerbasis

Eine neuartige Methode, elektrischen Strom mit Hilfe konjugierter Polymere in Licht zu verwandeln, wurde von einem deutsch-österreichischen Forscherteam entdeckt (Physical Review Letters, 14. Oktober 2002). Leuchtdioden aus Kunststoff, die Strom in Licht verwandeln können, werden schon seit über einem Jahrzehnt intensiv erforscht. Dabei hat sich herausgestellt, daß über die Hälfte der elektrisch generierten Anregungen in dunklen Zuständen verschwinden, die kein Licht ausstrahlen können und statt dessen Wärme generieren. Dies führt im allgemeinen zu einer Reduktion der Lebensdauer solcher Bauelemente sowie zu einer Beschränkung des Wirkungsgrades. Nun haben Forscher vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz, dem Institut für Chemie an der Universität Potsdam, dem Christian Doppler Laboratory of Advanced Functional Materials am Institut für Festkörperphysik der TU Graz sowie dem Institut für nanostrukturierte Materialien und Photonik in Weiz, Österreich, entdeckt, daß eine kleine Zahl chemisch gebundener Metallatome ausreicht, diese dunklen Zustände zum Strahlen zu bringen. Die überraschende Entdeckung ist nicht nur technologisch hoch relevant, sondern zeigt auch die große Wirkung auf, die kleinste Verunreinigungen in organischen optoelektronischen Systemen bewirken können. Im allgemeinen unterscheidet man zwischen zwei grundlegenden Emissionsprozessen, der Fluoreszenz und der Phosphoreszenz. Die Phosphoreszenz spielt im Alltag eine wichtige Rolle, wie etwa bei Bildschirmröhren. Sie unterscheidet sich im wesentlichen von der Fluoreszenz durch um Größenordnungen längere Lebensdauern des angeregten Zustandes. Während der Übergang des Angeregten Zustandes zum Grundzustand in der Phosphoreszenz als verboten bezeichnet wird (der sogenannte Tripletzustand), ist er in der Fluoreszenz erlaubt (der Singulettzustand). Daher weisen die meisten Materialien, insbesondere organische Verbindungen wie Farbstoffmoleküle und konjugierte Polymere, überwiegend Fluoreszenz und keine Phosphoreszenz auf. Nun ist das Problem, daß in organischen Leuchtdioden bis zu 75 % der Anregungen im Tripletzustand entstehen und somit im allgemeinen nicht-strahlend, also durch die Erzeugung von Wärme, zerfallen.

Jetzt hat das Forscherteam entdeckt, daß eine verschwindend kleine chemische Verunreinigung eines Polymers mit Metallatomen ausreicht, um effiziente Phosphoreszenz unter elektrischer Anregung zu ermöglichen. Die chemische Struktur des Polymers ist in Abbildung 1 gezeigt. Durch einen speziellen Syntheseweg, der in der Gruppe von Prof. U. Scherf in Potsdam benutzt wird, gelingt es, die auf Kohlenstoff und Wasserstoff basierende Struktur mit einer Konzentration von rund 80 millionstel Palladiumatomen zu versehen. Dies entspricht in etwa einem Palladiumatom auf 1700 Wiederholeinheiten des Polymers, von denen in der Abbildung nur zwei gezeigt werden.

Da die Stärke der Phosphoreszenz mit der Größe der Atome zusammenhängt, erlaubt ein mit Palladium komplexiertes Kohlenwasserstoffmolekül eine um viele Größenordnungen stärkere Phosphoreszenz als ein reines Kohlenwasserstoffmolekül. Die Konsequenz ist, daß im vorliegenden Fall die Phosphoreszenz unter elektrischer Anregung ermöglicht wird, wie im Labor von Dr. E. List an der TU Graz erstmalig beobachtet wurde. Abbildung 2 vergleicht Emissionsspektren des Polymers unter optischer (Photolumineszenz) und elektrischer (Elektrolumineszenz) Anregung. Beide Spektren sind im Wellenlängenbereich um 450 nm identisch. Im Fall der Elektrolumineszenz wird eine weitere schmale Emissionsbande im Bereich von 600 nm detektiert, die charakteristisch für die Phosphoreszenz ist. Die Forscher konnten nun mittels zeitaufgelöster Elektrolumineszenz und Photolumineszenzspektroskopie eindeutig nachweisen, daß es sich bei der Emission um 600 nm um Phosphoreszenz handelt, die erstmalig in konjugierten Polymeren unter elektrischer Anregung gemessen werden konnte.

Da unter elektrischer Anregung viel mehr dunkle Zustände, d.h. Triplets, erzeugt werden als unter optischer Anregung, ist die Phosphoreszenz in der Elektrolumineszenz auch viel stärker ausgeprägt als in der Photolumineszenz. Die Beobachtungen lassen sich damit erklären, daß die langlebigen Tripletanregungen durch den Polymerfilm hindurch diffundieren, bis sie auf ein Polymersegment treffen, an dem ein Metallatom eingebunden ist. Durch die quantenmechanische Wirkung des Schweratoms kann es dann zu einem strahlenden Zerfall des Triplets in Form von Phosphoreszenz kommen.

Neben den technologischen Aspekten zeigt die Studie auch in sehr eindrucksvoller Weise den Einfluß, den selbst allerkleinste chemische Verunreinigungen auf die Wirkungsweise organischer Halbleiter haben können, da typischerweise die in der Studie relevanten Konzentrationen von Verunreinigungen von rund 0,008 % mit konventionellen Verfahren in der organischen Synthese sehr schwer zu detektieren sind.

John Lupton, Erstautor der Studie in dem führenden Fachblatt Physical Review Letters, ist der Ansicht, daß der Effekt auch weit über Anwendungen in Leuchtdioden hinaus relevant sein wird: „Die Ansammlung von langlebigen Tripletzuständen ist ein altbekanntes Problem bei organischen Farbstofflasern, die in der Industrie und in der Forschung vielseitige Anwendung finden. Mit konjugierten Polymeren lassen sich kleinste Festkörperlaser konstruieren, die nun auch von den schadhaften Tripletanregungen befreit werden können. Dies ist mit Sicherheit ein wichtiger Schritt in die Richtung organischer Laserdioden, die bisher noch nicht realisiert werden konnten.“ Zudem sind auch spannende Anwendungen in der Quantenoptik denkbar. Moleküle sind an und für sich hervorragende Einzelphotonenquellen, doch werden sie in regelmäßigen Abständen von dunklen Tripletzuständen blockiert, was Anwendungen in der Quantenkryptographie erschwert. Durch die strahlende und schnelle Deaktivierung von Tripletzuständen sollten diese Komplikationen beseitigt werden können.

Originalpublikation:

J. M. Lupton, A. Pogantsch, T. Piok, E. J. W. List, S. Patil, und U. Scherf, „Intrinsic Room-Temperature Electrophosphorescence from a p-Conjugated Polymer“, Physical Review Letters 89, 167401 (2002).

Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. John Lupton
Sektion Physik
Ludwigs-Maximilians-Universität München
Amalienstr. 54
80799 München
Germany

Tel: +49-89-2180-3356
Fax: +49-89-2180-3441
E-Mail: john.lupton@physik.uni-muenchen.de

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Kerstin Schwiesow idw

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