Neues europäisches COST-Netzwerk "Systems Chemistry" unter Bochumer Koordination
Kennzeichnend sind häufig intrazelluläre Rückkopplungsprozesse, bei denen Zellprodukte ihre eigene Synthese entweder verstärken oder abschwächen. Auch bei der Entstehung des Lebens aus unbelebten chemischen Vorläufersystemen haben solche Netzwerke vermutlich eine Rolle gespielt.
Ihre Untersuchung ist wissenschaftliches Neuland und Ziel des Forschungsgebiets „Systems Chemistry“. Wissenschaftler aus elf europäischen Ländern haben sich auf diesem Gebiet in einem europäischen Netzwerk zusammengeschlossen, das ab April 2008 für vier Jahre im EU-Förderprogramm COST (European Cooperation in the field of Scientific and Technical Research) gefördert wird.
Die Koordination des Netzwerks liegt bei Chairman Prof. Dr. Günter von Kiedrowski (Lehrstuhl für Organische Chemie I der Ruhr-Universität Bochum).
Fernziel: Evolution im Reagenzglas
Das Fernziel der COST-Aktion ist die Herstellung von chemischen Systemen, die erstmals die Fähigkeit zur Evolution im Sinne Darwins zeigen. Ansatzpunkte dafür gibt es in Europa viele: So haben Forscher es bereits geschafft, dass einfache DNA-ähnliche Moleküle sich selbsttätig vermehren oder zu nanoskaligen Objekten zusammenbauen können.
Was noch fehlt, sei die Verallgemeinerung synthetischer Methoden, die auf der Selbstorganisation und molekularen Informationsverarbeitung basieren, und die Anwendbarkeit dieser Methoden nicht nur auf der Nano-, sondern auch auf der Mesoebene, heißt es im Memorandum of Understanding, das die elf EU-Staaten unterzeichnet haben. Das COST-Netzwerk „Systems Chemistry“ solle die Initialzündung für ein Forschungsfeld sein, das heute noch in den Kinderschuhen stecke, dessen Potenziale aber unübersehbar seien.
Systems Chemistry an der Ruhr-Universität
An der Ruhr-Universität hat sich die Systemchemie an Oberflächen und Grenzschichten als neues Forschungsgebiet etabliert. Insbesondere das von der Ruhr-Universität koordinierte Integrierte Projekt PACE „Programmable Artificial Cell Evolution“ hat dazu beigetragen. Überdies hat die Struktur und Dynamik von Selbstorganisationsprozessen an der Ruhr-Universität eine lange Tradition und gehört zu den Forschungsschwerpunkten:
Zwei Sonderforschungsbereiche SFB 558 „Metall-Substrat-Wechselwirkungen in der heterogenen Katalyse“, SFB 459 „Formgedächtnistechnik. Grundlagen, Konstruktion, Fertigung“, drei Forschergruppen (FG 618 „Die Aggregation kleiner Moleküle mit präzisen Methoden verstehen – Experiment und Theorie im Wechselspiel“, FG 630 „Biologische Funktion von Organometallverbindungen“, FG 436 „Polymorphismus, Dynamik und Funktion von Wasser an molekularen Grenzflächen“) und mehrere EU-Projekte (Graduiertenkolleg INTCHEM „Non-Covalent Interactions in Chemistry and Biochemistry“, Projekt SURMOF „Anchoring of metal-organic frameworks, MOFs, to surfaces“) befassen sich mit solchen chemischen Prozessen insbesondere an Oberflächen.
Auswahl der Teilnehmer durch nationale Kontaktstellen
Fünf Arbeitsgruppen werden sich mich unterschiedlichen Teilbereichen der Systems Chemistry befassen. Aus dem COST-Programm können unter anderem Reisekosten und die Organisation und Durchführung von Arbeitstreffen finanziert werden, was den Austausch unter den beteiligten Wissenschaftlern erleichtern soll. COST-Netzwerke werden von Regierungsseite zu viel versprechenden Forschungsgebieten eingerichtet; die entsprechenden Regierungsvertreter unterzeichnen ein Memorandum, das den wissenschaftlichen Inhalt des Feldes festlegt. Die Teilnehmer der Netzwerke werden durch nationale Kontaktstellen ausgewählt.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Günter von Kiedrowski, Lehrstuhl für Organische Chemie I, Fakultät für Chemie und Biochemie der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23218, E-Mail: kiedro@rub.de
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Weitere Informationen:
http://www.cost.esf.org/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
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