Wie bakterielle Krankheitserreger vom Immunsystem erkannt werden

Wie erkennen Immunzellen Erreger von Infektionen?

Die Funktionsprinzipien eines wichtigen Rezeptors für bakterielle Infektionen haben Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg in Kooperation mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum geklärt:

Mit Hilfe des so genannten Toll-like Rezeptors 9 (TLR-9) erkennen Immunzellen bakterielle und virale Krankheitserreger und können so biochemische Reaktionsketten auslösen, die der Feindabwehr dienen. Die Entdeckung der Heidelberger Wissenschaftler ermöglicht die Entwicklung von neuen anti-infektiösen Substanzen und Impfstoffen.

Zwei Kontaktstellen erkennen den Erreger

Das Wissenschaftlerteam um Professor Dr. Alexander Dalpke vom Hygiene-Institut des Universitätsklinikums Heidelberg befasst sich mit den „Augen des angeborenen Immunsystems“: Winzige Eiweißstrukturen – Toll-like-Rezeptoren (TLR) – sitzen auf der Oberfläche von Immunzellen. Kommt es zu einer Infektion, erkennen die Rezeptoren bestimmte Muster im Erbgut der Erreger, die im Lauf der Evolution erhalten geblieben sind, und lösen daraufhin Abwehrreaktionen aus.

Die Frage, wie diese Muster erkannt werden, beschäftigt auch die Nachwuchsgruppe von Dr. Alexander Weber am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Die jungen Wissenschaftler haben ein dreidimensionales Computermodell des Rezeptors TLR 9 erstellt, das als Startpunkt für das gemeinsame Vorgehen der beiden Forscherteams diente. Die aufwändige Modellierung basiert auf der Vorhersage von einzelnen Bausteinen des Rezeptors anhand von publizierten Daten. Tests mit verschiedenen gentechnisch veränderten Versionen des Rezeptors, die anhand dieser dreidimensionalen „Vorlage“ entworfen wurden, zeigten, dass zwei Kontaktstellen des Rezeptors entscheidend für eine Bindung an das Bakterien-Erbgut sind.

Impfstoffe können verbessert werden

Mit Hilfe der neuen Erkenntnisse lässt sich ein wesentlich genaueres Modell des Rezeptors erstellen. Eine Anwendung dafür gibt es in der Pharmakologie. Im Labor werden künstliche Nukleinsäuren hergestellt, welche das Bakteriengenom imitieren und die daher das angeborene Immunsystem über die Toll-like-Rezeptoren aktivieren. Eingesetzt werden diese Wirkstoffe beispielsweise als Bestandteil von Impfstoffen, um deren Wirkung unspezifisch zu verstärken. Durch die neuen Erkenntnisse kann man diese Oligonukleotide wesentlich genauer anpassen.

Für die Heidelberger Wissenschaftler geht die Grundlagenforschung an der Kommunikation zwischen Krankheitserreger und Immunsystem weiter: Im nächsten Schritt sollen die Erkenntnisse auf einen anderen Rezeptortyp übertragen werden. TLR7 erkennt im Unterschied zu TLR9 nicht bakterielles, sondern virales Erbgut. Auch hier könnte die Kombination dreidimensionaler Strukturvorhersage und experimenteller Tests die bisher ungeklärten Erkennungsmechanismen aufklären, hoffen die Forscher.

Literatur
M. E. Peter, A. V. Kubarenko, A. N. R. Weber, A. H. Dalpke, Identification of an N-terminal recognition site in TLR9 that contributes to CpG-DNA mediated receptor activation, The Journal of Immunology, 2009, 182, 7690-7697.
Weitere Informationen im Internet:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Dalpke-lab
www.dkfz.de/de/toll-like-receptors
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Alexander Dalpke
Dept. of Hygiene and Medical Microbiology
University of Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 324
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 38 173
E-Mail: Alexander.Dalpke(at)med.uni-heidelberg.de
www.klinikum.uni-heidelberg.de/hygiene
Dr. Alexander Weber
Nachwuchsgruppe Toll-like Rezeptoren und Krebs
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Im Neuenheimer Feld 580
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 42 49 66
E-Mail: Alexander.Weber(at)dkfz.de
www.dkfz.de/de/toll-like-receptors
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Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand 12/2008)
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