Antikörper sind individuell und treu

Irene Thomsen (rechts) und ihre Kollegin Dr. Maya Sethi, die ebenfalls an der Studie beteiligt war. "Foto: MHH/Kaiser"

Antikörper schützen den Körper vor Infektionen. Auch bei Impfungen spielen sie eine wichtige Rolle. Deswegen ist es für die Impfstoff-Entwicklung wichtig, ihre Bildung möglichst genau zu verstehen. Ein Team der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) um Professor Dr. Oliver Pabst hat jetzt in der Fachzeitschrift Nature Immunology berichtet, wie Immunglobulin A (IgA)-Antikörper im Darm gebildet und kontinuierlich an die Darmbakterien-Zusammensetzung angepasst werden.

Professor Pabst war im MHH-Institut für Immunologie tätig und leitet seit März 2014 das Institut für Molekulare Medizin des Uniklinikums RWTH Aachen. Die Erstautorinnen Dr. Cornelia Lindener und Irene Thomsen, MHH-Institut für Immunologie, arbeiteten mit dem MHH-Institut für Medizinische Mikrobiologie zusammen.

Die Wissenschaftlerinnen haben Millionen von IgA-Gensequenzen aus Mäusen und Patienten untersucht, um Veränderungen im Antikörpermuster aufzuspüren – dem Muster, das so individuell ist wie ein Fingerabdruck. So entdeckten sie, dass sich die grundsätzliche Zusammensetzung der Darm-Antikörper im Laufe des Lebens kaum verändert, unabhängig von Infektionen und Antibiotika.

„Es war für uns unerwartet zu sehen, dass nach einem derart massiven Eingriff wie einer Antibiotika-Therapie ähnliche Antikörper gebildet werden wie vor der Behandlung. Wir hatten sehr unterschiedliche Antikörperprofile erwartet, da Antibiotika die Darmbakterien-Zusammensetzung stark verändern“, sagt Professor Pabst.

Ein weiteres Ergebnis: Früh nach der Geburt gebildete langlebige Gedächtniszellen bestimmen die Antikörperproduktion: Sie halten das Antikörpermuster aufrecht und passen es dynamisch an die aktuelle Darmbakterien-Zusammensetzung an.

Weitere Experimente zeigten, dass im Darm gebildete Immunzellen auch die Antikörper-Produktion in der Muttermilch bestimmen. So wird sichergestellt, dass die Muttermilch Antikörper enthält, die das Neugeborene vor Infektionen schützen und dessen Zusammensetzung der Darmbakterien kontrollieren.

„Grundsätzlich wussten wir schon lange von der Existenz dieser Gedächtniszellen. Im Darm scheinen diese aber – anders als bislang angenommen – quasi dauerhaft im Einsatz zu sein“, sagt Cornelia Linder. Diese Ergebnisse werfen ein grundsätzlich neues Licht darauf, wie die Antikörper-Produktion reguliert wird. Weitere Arbeiten der Forscher sollen zeigen, wie diese Beobachtungen bei der Entwicklung von Schluckimpfstoffen beispielsweise gegen Durchfallerkrankungen berücksichtigt werden können.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Oliver Pabst, Telefon (0241) 80-85496, opabst@ukaachen.de, und Irene Thomsen, Telefon (0511) 532-9725, thomsen.irene@mh-hannover.de.

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Stefan Zorn idw - Informationsdienst Wissenschaft

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