Revolution in der Altbausanierung: Das 3-Liter-Haus bewährt sich
Ein Altbau, der weniger Heizenergie braucht als ein neues Niedrigenergiehaus – diese Vision ist in Ludwigshafen Wirklichkeit geworden. Hier steht das erste 3-Liter-Haus unter den Altbauten Deutschlands. Das auf den ersten Blick unscheinbare Mietshaus hat es in sich: Eine besondere Wärmedämmung mit Neopor® und weiteren Baustoffen der BASF sowie eine ausgeklügelte Haustechnik sorgen dafür, dass man beim Heizen geizen kann. Wie der Bauphysiker Professor Hermann Heinrich von der Universität Kaiserslautern bescheinigt, hat das 3-Liter-Haus in der ersten Winter- und Heizperiode die Erwartungen übertroffen. Nach den bisher vorliegenden Messergebnissen wurden pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche sogar weniger als drei Liter Heizöl-Äquivalent verbraucht. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher nicht sanierter Altbau verheizt rund 20 Liter (pro Jahr und Quadratmeter). Und davon gibt es in Deutschland eine ganze Menge. Experten schätzen, dass von den 34 Millionen Wohnungen rund 24 Millionen in Sachen Wärmeschutz dringend sanierungsbedürftig sind. Ein großer Markt für die Baustoffe der BASF, die direkt zum Energiesparen beitragen und gleichzeitig den Geldbeutel schonen: Für den Mieter einer 100-Quadratmeter-Wohnung etwa sinken die Heizkosten durch den geringeren Verbrauch von jährlich 700 Euro auf 100 Euro.
Beim Heizen geizen: Energiesparen ohne Konsumverzicht — Die Story
Winter in Ludwigshafen, das Thermometer zeigt minus 16 Grad. Die Mieter im 3-Liter-Haus sehen die klirrende Kälte draußen gelassen. Ihre Wohnungen sind mollig warm, obwohl die Heizkörper in den Zimmern ungewöhnlich klein sind. Das Geheimnis: Selbst bei strengem Frost bleibt die Wärme im Haus. Neben der guten Dämmung hat man Wert darauf gelegt, sogenannte Wärmebrücken zu vermeiden, an denen Wärme durch Bauteile nach draußen dringt. Auch ein kalter Luftzug ist nirgendwo zu spüren. Professor Heinrich erklärt: „Moderne Energiesparhäuser wie das 3-Liter-Haus sind nach der Philosophie der luftdichten Gebäudehülle gebaut.“ Dazu wurde an Fenstern und Türen, Ecken und Fugen penibel darauf geachtet, dass keinerlei Luft nach außen strömt und damit unkontrolliert Wärme verloren geht. Für Frischluft sorgt eine Lüftungsanlage. Sie saugt die verbrauchte Wohnungsluft aus Küche und Bad ab und führt sie über einen Wärmetauscher. Der überträgt bis zu 85 Prozent der Wärme auf die Frischluft, die dann wohltemperiert und staubgefiltert in Wohn- und Schlafzimmer strömt. Sabine Glaser, Mieterin im 3-Liter-Haus, ist begeistert: „Wenn wir in unserer alten Wohnung Fisch gekocht haben, stand der Geruch oft ein bis zwei Tage in unserer Küche. Dank der Lüftungsanlage ist der Geruch jetzt innerhalb von ein bis zwei Stunden wieder draußen.“
Ab und zu ein Fenster zum Stoßlüften zu öffnen ist natürlich erlaubt, obwohl dabei unkontrolliert Wärme verloren geht. „Die Bewohner brauchen im 3-Liter-Haus ihren Lebensstil nicht zu ändern, sie profitieren aber von der sehr günstigen Warmmiete“, sagt Dr. Wolfgang Schubert vom BASF-eigenen Wohnungsbauunternehmen LUWOGE, das das Wohnhaus für die neun Mietparteien im April 2001 fertig gestellt hat. Von den Mietern wird nur das gefordert, was üblicherweise zum Energiesparen empfohlen wird. Nach knapp einem Jahr können Schubert und Heinrich nun Bilanz ziehen: Viele Mieter geizen beim Heizen. Und sie fühlen sich wohl dabei. Heinrich dazu: „Das beweist, dass Energiesparen nicht Konsumverzicht bedeuten muss.“
Die Dämmung bringt’s — Der Hintergrund
Um den Nutzen moderner Haustechnik und neuer Dämmmaterialien zu zeigen, hat BASF rund 500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche in die energetische Sanierung des Altbaus gesteckt. Damit das 3-Liter-Haus den vollen Wohnkomfort bietet, begleitet Professor Heinrich mit seinem Messprogramm Gebäude und Bewohner durch das Jahr. Zum Wohlfühlen sollte die Temperatur zwischen 18 und 24 Grad Celsius und die Luftfeuchte zwischen 40 und 65 Prozent liegen. „Auch der CO2-Gehalt darf nicht zu hoch sein, sonst gibt’s Kopfweh“, sagt Heinrich. Über 150 Messsensoren hat er im Haus verteilt. Sie registrieren Raum- und Wandtemperatur, Luftfeuchte und einiges mehr. „Gerade die Oberflächentemperatur der Wand trägt viel zum Wohlbefinden bei“, sagt Heinrich. „Die gute Dämmung der Fassade mit dem BASF-Material Neopor senkt den Wärmeverlust und schafft richtiges Wohlfühlklima.“
Die Außenfassade des Altbaus wurde mit 20 Zentimeter dicken Neopor-Platten isoliert, auch Kellerdecke und Dach wurden mit dem neuen Produkt gedämmt. Gegenüber herkömmlichen Dämmstoffen hat Neopor ein deutlich besseres Wärmedämmvermögen. Das Produkt basiert wie der BASF-Klassiker Styropor® auf Polystyrol, enthält aber zusätzlich winzige Infrarotabsorber, die die Wärmestrahlung zurückhalten. Der Einsatz von Neopor für die Gebäudehülle ist denn auch laut Prof. Heinrich beim 3-Liter-Haus die wichtigste Energiesparmaßnahme – sowohl bezogen auf den Nutzen für den Bauherrn als auch aus ökologischer Sicht. Schließlich benötigt man für Neopor-Platten (ein Quadratmeter Fläche, zwanzig Zentimeter dick) rund zehn Liter Erdöl in der Herstellung, spart damit aber innerhalb von 50 Jahren umgerechnet 1200 Liter Heizöl ein.
Weitere technische Raffinessen im 3-Liter-Haus sind eine moderne Gas-Brennwertheizung, die Wärmerückgewinnungsanlage, die 85 Prozent der Wärme aus der abgeführten Luft herausholt, sowie dreifach verglaste Fenster. Der Fensterrahmen aus dem BASF-Kunststoff Vinidur ist mit einem Polyurethan-Dämmkern isoliert, eine Edelgasfüllung zwischen den Scheiben sorgt für optimalen Wärmeschutz. Zum Vergleich: Durch ein einfach verglastes Fenster entweicht rund die fünffache Menge an Wärme.
In Richtung Wohlfühlklima geht auch eine weitere Neuheit der BASF. Einige der Wohnräume haben einen Innenputz mit sogenannten Latentwärmespeichern. Dieser nimmt im Sommer bei großer Hitze die Wärme auf und gibt sie verzögert wieder ab. Die Folge: An heißen Tagen bleibt die Wohnung länger angenehm kühl.
Energiesparen hat Zukunft — Die Perspektiven
Mit den innovativen Baustoffen der BASF zeigt das zum 3-Liter-Haus sanierte Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen, dass es wie das 3-Liter-Auto realisierbar ist und als visionäres Ziel für den Altbaubestand gelten kann. „Die BASF demonstriert damit die Leistungsfähigkeit ihrer Baustoffe und sieht sich für die Zukunft gut gerüstet“, sagt Schubert. Die neue Energieeinsparverordnung (gültig seit 1. Februar 2002), die das 7-Liter-Haus zum Standard für den Neubau erhebt, zeigt, dass Energiesparen Zukunft hat. „Für Wohnungsunternehmen und Investoren werden zukunftsfähige Kapitalanlagen immer stärker mit dem Energiesparen verknüpft“, erklärt Schubert. Hier tut sich ein großer Markt in der Altbausanierung mit einem Bauvolumen von 408 Milliarden Euro auf. „Mit dem 3-Liter-Haus als Demonstrationsobjekt für die Altbausanierung haben wir alles technisch Machbare ausgereizt. Wenn auch nur ein Teil davon in großem Maßstab umgesetzt wird, spart das viel Geld und Energie.“
Unterdessen geht das Projekt in Ludwigshafen weiter. Die Messserie von Prof. Heinrich ist auf drei Jahre angelegt. Im nächsten Winter wird die im Keller integrierte Brennstoffzelle das Haus umweltfreundlich mit Strom und Wärme versorgen.
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