IKT-LinerReport 2004/2005: Die Spanne weitet sich

Wie Sanierungsleistungen in der Praxis variieren, hat erstmals der IKT-LinerReport 2003/2004 statistisch aufgezeigt. Nun wird die Auswertung der IKT-Schlauchliner-Datenbank fortgesetzt, und zwar für Juli 2004 bis Dezember 2005. Es zeigt sich, dass die Spanne der erzielten Sanierungsqualitäten weiter aufgegangen ist.

Längere Lebensdauer bei sinkenden Preisen?

Kanalnetzbetreiber greifen immer häufiger auf die marktführende Sanierungstechnologie Schlauchlining zurück, nicht zuletzt aufgrund der gefallenen Preise. Vieles spricht dafür, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren noch verstärkt, weil der Sanierungsbedarf zwar steigt, gleichzeitig aber kommunale Investitionsbudgets kaum wachsen.

Die Sanierungsfirmen versprechen immer längere Lebensdauern, allenthalben ist von 50 und mehr Jahren die Rede. Kritische Kunden fragen, wie dies zu dem voranschreitenden Preisverfall passt, und so mancher befürchtet auch einen Qualitätsverfall. Daher hat das Thema Qualitätssicherung von Schlauchlinern inzwischen Hochkonjunktur: Kunden wollen wissen, was sie für ihr Geld bekommen.

Qualitätssicherung ist "in"

Auf zahlreichen Tagungen (z.B. Göttingen, Oldenburg, Schlauchliner-Tag) wird über Schlauchliner-Qualitäten heiß diskutiert. Kommunale Auftraggeber reagieren durch explizite Qualitätsanforderungen in ihren Ausschreibungen. Hamburg macht dies bereits seit Jahren, nun ziehen sieben süddeutsche Großstädte mit einem gemeinsam erarbeiteten Anforderungsprofil nach.

Aber auch in der Aus- und Weiterbildung tut sich vieles: Der VSB-Kurs "Zertifizierter Kanalsanierungs-Berater" genießt großen Zulauf, und die FH Kaiserslautern bietet seit neuestem ein berufsbegeleitendes Masterstudium für künftige Sanierungsexperten an.

Neu gegründet hat sich der "Arbeitskreis Prüfinstitute Schlauchliner" (APS) mit dem Ziel, einheitliche Prüfrichtlinien zu definieren. So hat man die Vorgehensweise für Dichtheitsprüfungen genau festgeschrieben und strengere Bewertungsmaßstäbe festgelegt (APS-Richtlinie). Weitere Prüfrichtlinien sind in Vorbereitung.

Baustellenproben ins Labor

Ein sehr wichtiges Instrument der Qualitätssicherung ist die Analyse von Schlauchlinerproben von der Baustelle. Kurz nach der Aushärtung lässt der Auftraggeber Linerstücke aus dem Schacht oder aus der Haltung entnehmen und schickt sie ins Labor. Das IKT untersucht daraufhin vier zentrale Kriterien: E-Modul, Biegezugfestigkeit, Wanddicke und Wasser-Dichtheit.

Die Ergebnisse erhält der Auftraggeber in Form eines detaillierten, mit Bildern und Tabellen dokumentierten Prüfberichts. Dieser ist eine Hilfe bei der Baustellenabnahme und weist auf Schwächen hin, die möglicherweise Nachbesserungen erfordern.

Grenzen der Aussagekraft

Laborergebnisse von Baustellenproben können aber nicht die alleinigen Kriterien zur Bewertung einer konkreten Sanierungsmaßnahme sein. Zum einen, weil baustellenseitige Einflussfaktoren, z.B. das Wie und Wo der Probenentnahme, auf die Probenqualität nicht berücksichtigt werden können. Diese sind den Prüfern meistens nicht bekannt.

Zum anderen, weil Baustellenproben immer nur Stichproben sind. Sie werden üblicherweise im Schacht entnommen, in Ausnahmefällen auch direkt aus der Haltung. Es kann daher nicht in allen Fällen auf den Gesamtzustand der sanierten Haltung geschlossen werden. Notwendig sind zusätzliche Abnahmeuntersuchungen, wie Kamerabefahrung oder Begehung. Erst dadurch kann man z.B. Falten, unsachgemäß eingebundene Hausanschlüsse oder partielle Fehlstellen in der Haltung erkennen.

Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse des IKT-LinerReports auch nicht als abschließender oder alleiniger Maßstab zur Bewertung oder zum Vergleich der Sanierungsfirmen und ihrer Linersysteme geeignet. Vielmehr vermittelt der LinerReport ein Bild der Marktsituation anhand lediglich eines – wenn auch sehr wichtigen – Aspekts der Qualitätssicherung.

Datenbasis

Das IKT erfasst seine Prüfergebnisse an Baustellenproben laufend in einer Datenbank. Zusammen mit den Probenstücken, die fünf Jahre aufbewahrt werden und auf die man jederzeit zurückgreifen kann, wächst ständig eine sehr umfangreiche und aussagekräftige Datenbasis über die Qualität von Schlauchliner-Maßnahmen heran. Diese ist Grundlage des IKT-LinerReports.

Eine Sanierungsfirma ist mit ihrem Linersystem im IKT-LinerReport dann berücksichtigt, wenn mindestens 25 Linerproben, verteilt auf Baustellen von fünf verschiedenen Kommunen bzw. Auftraggebern, vorliegen. Linersysteme, auf die diese Mindestkriterien nicht zutreffen, sind nicht einbezogen.

In die Auswertung fließen alle zwischen Juli 2004 und Dezember 2005 abgeschlossenen Prüfberichte ein. Bei Mehrfach- oder Wiederholungsprüfungen kommt nur das abschließend festgelegte Ergebnis zum Tragen, sofern auch die Wiederholungsprüfung im IKT stattfand.

Insgesamt beruht der aktuelle IKT-LinerReport auf 747 untersuchten Baustellenproben. Dies entspricht ca. 100 sanierten Kanal-Kilometern.

Soll-Ist-Analyse

Schlauchliner werden in Haltungen eingezogen und erhärten erst dort zu tragfähigen Rohr-im-Rohr-Systemen. Für die Dimensionierung des Liners wird im Vorfeld eine Statik berechnet, die Sollwerte für die zu erzielende Wanddicke und mechanischen Kennwerte vorgibt. Liegen die tatsächlichen Werte unterhalb der vorgegebenen, kann die Tragfähigkeit und Beulsicherheit eines Liners gefährdet sein.

Im IKT-LinerReport sind für die betrachteten Sanierungsfirmen die Soll-Ist-Analysen aggregiert dargestellt. Ermittelt werden für jede Baustellenprobe die Kennwerte

· Elastizitätsmodul (Kurzzeit-E-Modul),
· Biegezugfestigkeit (Kurzzeit-σbz) und
· Wanddicke.

Die Auftraggeber teilen dem IKT die Sollwerte mit. Sie ergeben sich i.d.R. aus den Zulassungen oder aus baustellenspezifischen Linerstatiken. Die Ergebnistabellen zeigen je Sanierungsfirma bzw. Linersystem

· den Anteil der Prüfungen, bei denen die Sollwerte mindestens erreicht sind, und
· für die übrigen Fälle die durchschnittliche und maximale Unterschreitung der Sollwerte in Prozent.

Weiterhin werden Linerproben auf ihre Wasser-Dichtheit hin untersucht, einem zentralen Kriterium zur Bewertung von Sanierungsmaßnahmen. Hierbei können die Ergebnisse nur "wasserdicht" oder "wasserdurchlässig" lauten.

Sanierer und Linersysteme

Die betrachteten Sanierungsfirmen setzen z.T. sehr verschiedene Linersysteme ein. Einige Firmen arbeiten mit mehr als nur einem System. In die Statistik des IKT-LinerReports fließen nur Werte derjenigen Linersysteme ein, die die Mindestanforderung (25 Proben aus 5 verschiedenen Baustellen) erfüllen.

Beauftragt werden Prüfungen sowohl von Auftraggeber- (Netzbetreiber und ihre Ingenieurbüros) als auch von Auftragnehmerseite. Der Löwenanteil kommt mit 60% von der Auftraggeberseite.

Tabelle 1: Sanierer und Linersysteme
www.ikt.de/down/06_01_linerreport_tab01.pdf

E-Modul

Schlauchliner müssen örtlich verschiedene Lasten tragen (Grundwasser, Straßenverkehr, Erddruck). Dafür müssen sie jeweils ausgelegt sein und über eine adäquate Tragfähigkeit verfügen. Ein zentraler mechanischer Kennwert dafür ist der Elastizitätsmodul. Prüfmethode für Baustellenproben ist der Dreipunkt-Biegeversuch, den das IKT in Anlehnung an DIN EN ISO 178 und DIN EN 13566-4 als Kurzzeitversuch durchführt.

Tabelle 2: Prüfkriterium Elastizitätsmodul (Kurzzeit-E-Modul)
www.ikt.de/down/06_01_linerreport_tab02.pdf

Biegezugfestigkeit

Die Biegezugfestigkeit kennzeichnet den Punkt, an dem ein Liner aufgrund zu hoher Spannung versagt. Ist sie zu gering, so ist ein Liner nicht ausreichend tragfähig und kann noch vor dem Erreichen einer zulässigen Verformung brechen. Prüfmethode: Im Dreipunkt-Biegeversuch wird die Last bis zum ersten Lastabfall gesteigert, der den Beginn des Linerbruchs kennzeichnet (Kurzzeitversuch).

Tabelle 3: Prüfkriterium Biegezugfestigkeit (Kurzzeit-σbz)
www.ikt.de/down/06_01_linerreport_tab03.pdf

Wanddicke

Das dritte für die Beurteilung der Liner-Tragfähigkeit relevante Kriterium ist die Wanddicke. Auch für sie wird z.B. in der statischen Berechnung eine Annahme getroffen, die später, bei der Herstellung des Liners auf der Baustelle, erreicht werden muss. Prüfmethode: Mit einer Präzisionsschieblehre wird die statisch tragfähige Wanddicke an sechs Stellen gemessen. Innen- und Außenfolien sowie Überschussharz werden dabei nicht berücksichtigt.

Tabelle 4: Prüfkriterium Wanddicke (s)
www.ikt.de/down/06_01_linerreport_tab04.pdf

Wasser-Dichtheit

Prüfmethode: Falls vorhanden, wird zuerst die Außenfolie der Probe entfernt und die Innenfolie nach einem festgelegten Muster eingeschnitten. Dann wird rot gefärbtes Wasser auf die Innenseite aufgetragen und auf die Außenseite 0,5 bar Unterdruck aufgebracht. Bilden sich Tropfen, Schaum oder Feuchtigkeit auf der Außenseite, so ist der Liner wasserdurchlässig.

Alle Linerproben wurden entsprechend dieser sog. APS-Richtlinie geprüft. Einzige Ausnahme: auf Wunsch vereinzelter Auftraggeber wurden Liner der Firma Insituform einer abweichenden Prüfung unterzogen (23% der Fälle). Dabei misst man den Wasserverlust an der Prüffläche und vergleicht ihn mit einer zulässigen Wasserzugabemenge (hier: 0,15 l/qm) nach DIN EN 1610. Ein Liner wird selbst dann noch als dicht bewertet, wenn er Wasser bis zu dieser Höchstmenge durchlässt.

Tabelle 5: Prüfkriterium Wasser-Dichtheit
www.ikt.de/down/06_01_linerreport_tab05.pdf

Fazit

Der IKT-LinerReport 2004/2005 zeichnet ein differenziertes Gesamtbild der Sanierungsqualitäten für einen Zeitraum von 18 Monaten. Mehr als 700 Linerproben von Baustellen wurden hinsichtlich ihrer statischen Kennwerte und ihrer Wasser-Dichtheit untersucht.

Einen sehr verdichteten Überblick der Schlauchliner-Qualitäten gibt Tab. 6 mit den Durchschnittswerten über alle Prüfergebnisse. Beruhigend für die Auftraggeberseite dürfte sein, dass die große Mehrzahl der Schlauchlining-Maßnahmen gute Werte aufweist, einige können durchaus als sehr gut bezeichnet werden.

Tabelle 6: Gesamtübersicht Prüfergebnisse
www.ikt.de/down/06_01_linerreport_tab06.pdf

Allerdings ist die derzeitige Diskussion um Schlauchliner-Qualitäten sicherlich berechtigt. Die Statistik offenbart nämlich beachtliche Spannweiten der Prüfergebnisse. Einer Reihe von Anbietern gelingt es, die geforderten Sollwerte regelmäßig zu erfüllen, andere hingegen weisen deutliche Schwankungen ihrer Ausführungsqualitäten auf.

Was ist zu tun?

Die Ergebnisse decken Schwachstellen auf und geben Sanierungsfirmen und Linerherstellern damit wertvolle Hinweise, wo sie bei ihrer Produkt- und Leistungsverbesserung ansetzen müssen. Dies sollten sie als Chance zur Fortentwicklung ihrer Produkte begreifen. Schließlich liegt es in ihrem ureigensten Interesse, dass Kunden auf Dauer Vertrauen zur Schlauchliner-Technologie haben.

Für Auftraggeber zeigt der IKT-LinerReport sehr deutlich, dass eine genaue Überwachung der Baustellenqualität von großer Bedeutung ist. Sie müssen bei der Qualitätskontrolle das Heft in die Hand nehmen und prüfen, ob die versprochenen Kennwerte tatsächlich eingehalten werden. Noch überlassen zu viele Auftraggeber die Qualitätsprüfung denjenigen, die eigentlich kontrolliert werden sollen, nämlich den Sanierungsfirmen.

Qualitätssicherung darf aber natürlich nicht erst mit der Abnahmeprüfung beginnen. Kenntnisse der verfügbaren Technologien, Aus- und Fortbildung, solide Planungen und Ausschreibungen sind hier wichtige Elemente.

Zudem sollten die Auftraggeber die vielfältigen Möglichkeiten des Vergaberechts offensiv nutzen und neben dem Preis verstärkt Qualitätskriterien in ihre Entscheidungen einbeziehen. Denn eines ist klar: bei den seit Jahren anhaltenden Überkapazitäten im Bausektor sind es die Kunden, die am längeren Hebel sitzen. Sie müssen nur ihre Qualitätsansprüche deutlich formulieren und konsequent einfordern. Auftragnehmer, die willens und fähig sind sie zu erfüllen, finden sich dann schon.

IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur
gemeinnützige GmbH
Exterbruch 1, 45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-0
E-Mail: info@ikt.de

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Weitere Informationen:

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