Neues EU-Forschungsprojekt: Zuverlässiges Nebeneinander von Lebensmitteln mit und ohne Gentechnik

Ein neues europäisches Forschungsprojekt vergleicht nun die Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern und ermittelt deren Kosten für Landwirte, Händler und Konsumenten. Damit sollen die Strategien identifiziert werden, die sowohl die Wahlfreiheit der Verbraucher als auch eine kostengünstige Lebensmittelproduktion am besten gewährleisten. Die Europäische Union fördert das von der Technischen Universität München (TUM) koordinierte Forschungsprojekt mit rund 4 Millionen Euro.

Konventionell, ökologisch oder gentechnisch verändert – Verbraucher sollen zwischen den Produkten frei wählen können. Diese Wahlfreiheit ist ein zentrales Ziel der europäischen Agrarpolitik. Sie beruht im Wesentlichen auf dem Prinzip der Koexistenz, d.h. dem dauerhaften Nebeneinander von unterschiedlichen landwirtschaftlichen Anbauweisen, ohne unkontrollierte Vermischungen oder Einkreuzungen. Dafür gibt es auf EU-Ebene zahlreiche Regelungen für die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Erzeugnissen.

Ein Großteil der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Koexistenz wird zudem von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegt: Sie schreiben spezifische Genehmigungsverfahren vor, fordern Mindestabstände zwischen Feldern mit und ohne Gentechnik oder setzen Trennungsmaßnahmen bei Transport und Lagerung voraus. Über die Auswirkungen solcher Koexistenzstrategien in der Praxis ist bisher aber noch wenig bekannt. Wie umsetzbar und kostenintensiv sie für Landwirte, Händler und Verbraucher sind, soll jetzt ein europäisches Forschungsprojekt ermitteln.

Unter Koordination der TU München vergleicht ein Konsortium aus vierzehn Universitäten, Behörden und Unternehmen die Koexistenzmaßnahmen der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Auf Basis einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse wollen die Wissenschaftler eine Software entwickeln, die Landwirten, Saatproduzenten und regionalen Händlern als Entscheidungshilfe für Anbau-, Verarbeitungs- und Transportmaßnahmen dient. Als Fallbeispiel dient dafür der Anbau von gentechnisch verändertem Mais in Portugal, Rumänien, Spanien und der Tschechischen Republik.

Untersucht werden außerdem die Anforderungen und Kosten für alle Akteure entlang der Produktionskette – von der Saatguterzeugung über den landwirtschaftlichen Anbau, den Transport und die Lagerung bis zur Verarbeitung in der Lebens- und Futtermittelindustrie. Fallstudien zu gentechnikfreier Milch in Deutschland und der Schweiz sollen Erkenntnisse über die Kosten und den Nutzen von Trennungsmaßnahmen in der Produktionskette liefern.

“Die geforderte Trennung von Rohstoffen mit und ohne Gentechnik ist eine der größten Herausforderungen im Agrarsektor“, sagt Professor Justus Wesseler, der das EU-Forschungsprojekt von Seiten der TU München koordiniert. Wichtiges Ziel ist es deshalb, Bauern- und Handelsverbände sowie politische Entscheidungsträger der EU-Mitgliedstaaten an den Ergebnissen des Forschungsprojekts frühzeitig zu beteiligen. „Wie effizient und kostengünstig die europäischen Vorgaben zur Koexistenz ausgestaltet sind, ist nicht nur entscheidend für die Verbraucherpreise hierzulande, sondern auch für die Chancen europäischer Produkte auf den Weltmärkten“, so der Agrarökonom.

Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt mit dem Titel „Practical Implementation of Coexistence in Europe“ wird von der Europäischen Union mit rund 4 Millionen Euro gefördert. Die Projektpartner sind: Technische Universität München, EU-Joint Research Center (Belgien), Julius-Kühn-Institut für Kulturpflanzen (Deutschland), Institut National de la Recherche Agronomique (Frankreich), Università Catolica del Sacro Cuore (Italien), Schenkelaars Biotechnology Consultancy (Niederlande), University of Agronomic Sciences and Veterinary Medicine (Rumänien), University of Reading (Vereinigtes Königreich), Czech University of Life Sciences Prague (Tschechische Republik), Fundació Mas Badia (Spanien), GeoSys (Frankreich), Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Instituto Politécnico de Santarém (Portugal), Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartment (Schweiz).

Kontakt:
Technische Universität München
Lehrstuhl für Agrar- und Ernährungswirtschaft
Prof. Dr. Justus Wesseler
Weihenstephaner Steig 22
85350 Freising
Tel.: +49 8161 71- 5632
E-Mail: justus.wesseler@wzw.tum.de

Media Contact

Dr. Ulrich Marsch idw

Weitere Informationen:

http://aew.wzw.tum.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften

Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer