Nanomaterialien in Pflanzenschutzmitteln und Düngern

Der Einsatz von Nanomaterialien in der Landwirtschaft könnte zu reduzierten Aufwandmengen, höherer Effizienz und umweltschonenden Anwendungen, aber auch zu einer stärkeren Belastung von Bodenlebewesen führen. Zu diesem Schluss gelangt ein im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Chancen und Risiken von Nanomaterialien» (NFP 64) erstellter Übersichtsartikel.

Obwohl im Moment noch keine Pflanzenschutzmittel oder Dünger mit Nanomaterialien auf dem Markt erhältlich sind, werden Nanomaterialien in der Landwirtschaft speziell als Zusätze oder aktive Wirkstoffe in Düngern oder Pflanzenschutzmitteln zunehmend zum Thema: Die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen und Patente von Nanomaterialien in diesem Bereich steigt seit der Jahrtausendwende exponentiell an, wie Forschende an der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon und am Bundesamt für Landwirtschaft in einem soeben erschienenen Übersichtsartikel zeigen (*). Mit rund 70 Arbeiten ist das Thema gegenwärtig noch überschaubar. Während die USA und Deutschland bei der Einreichung von Patenten dominieren, stammen die meisten Fachartikel aus asiatischen Ländern.

Oft ausserhalb der klassischen Nano-Kategorie
Rund 40 Prozent der Arbeiten befassen sich mit Kohlenstoff-basierten Nanomaterialien, gefolgt von Titandioxid, Silber, Silikagel und Aluminium. Nanomaterialien können in den verschiedensten Formen und Zuständen in Formulierungen integriert werden – von festen Partikeln bis zu Polymeren und Emulsionen. Es fällt auf, dass die Materialentwicklung sich häufig an natürlichen und abbaubaren Grundsubstanzen orientiert. Oft sind die verwendeten Nanomaterialien grösser als 100 Nanometer und liegen damit definitionsgemäss ausserhalb der klassischen Nano-Kategorie. Gerade bei neuartigen Pflanzenschutzmitteln dient das Nanomaterial vielfach als Hilfsstoff, um beispielsweise den Wirkstoff kontrolliert freisetzen zu können.
1000-fach erhöhter Eintrag in die Böden
Den potenziell verbesserten Eigenschaften von Pflanzenschutzmitteln und Düngern mit Nanomaterialien steht bei deren Anwendung ein deutlich erhöhter Eintrag in die Böden gegenüber. Dieser könnte das 1’000-fache der momentan von Experten vorhergesagten Frachten über die Atmosphäre betragen. Entsprechend wären auch die Bodenlebewesen und Nutzpflanzen stärker exponiert.

Bereits heute werden Firmen in der Schweiz aufgefordert, allfällige Nanomaterialien in neu zu registrierenden Pflanzenschutzmitteln zu deklarieren. Allerdings sind die Grundlagen für eine nanospezifische Risikobeurteilung momentan noch international in Arbeit. Das im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Chancen und Risiken von Nanomaterialien» (NFP 64) durchgeführte Projekt NANOMICROPS (Effects of NANOparticles on beneficial soil MIcrobes and CROPS) leistet hierzu einen Beitrag, indem es einerseits ökotoxikologische Testsysteme für Bodenmikroorganismen und Nutzpflanzen entwickelt und andererseits analytische Methoden zur Quantifizierung von Nanomaterialien in landwirtschaftlich wichtigen Umweltkompartimenten wie Boden und Wasser bereitstellt.

(*)Alexander Gogos, Katja Knauer, and Thomas D. Bucheli (2012). Nanomaterials in Plant Protection and Fertilization: Current State, Foreseen Applications, and Research Priorities. Journal of Agricultural and Food Chemistry 60: 9781–9792

(als PDF beim SNF erhältlich; E-Mail: com@snf.ch)

Über das NFP 64
Das Nationale Forschungsprogramm «Chancen und Risiken von Nanomaterialien» (NFP 64) hat zum Ziel, Wissenslücken zu schliessen, damit Chancen und Risiken des Einsatzes von Nanomaterialien besser eingeschätzt werden können. Die Ergebnisse der 23 Forschungsprojekte sollen unter anderem als Basis dienen für die Erstellung von Richtlinien für die Produktion, den Einsatz und die Entsorgung von Nanomaterialien. Damit werden die Entwicklung und Anwendung sicherer Technologien unterstützt, der Nutzen des Einsatzes von Nanomaterialien optimiert und die Risiken für Mensch und Umwelt minimiert. Das NFP 64 verfügt über einen Finanzrahmen von 12 Millionen Franken und dauert bis Oktober 2016.

www.nfp64.ch

Kontakt
Thomas Bucheli (Projektleiter)
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon
Reckenholzstrasse 191
CH-8046 Zürich
Tel. 044 377 73 42
E-Mail: thomas.bucheli@art.admin.ch,
Mark Bächer (Leiter Wissenstransfer NFP 64)
Life Science Communication AG
Reitergasse 11
CH-8021 Zürich
Tel.: 043 266 88 50
E-Mail: mark.baecher@lscom.ch

Media Contact

Abteilung Kommunikation idw

Weitere Informationen:

http://www.snf.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften

Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer