Umweltverträgliches Mittel gegen Kartoffelmüdigkeit

NWO-Forschern ist es gelungen, im Labor den Stoff nachzubilden, der Kartoffelzystenälchen aus ihrem Winterschlaf weckt. Durch das vorzeitige Ausbringen des Stoffes auf ein Versuchsfeld wurden diese Fadenwürmer zu einem Zeitpunkt aktiviert, zu dem sie noch keine Nahrung fanden und eingingen. Die Älchenart ist weltweit als Verursacher der Kartoffelmüdigkeit gefürchtet.

Normalerweise werden junge Kartoffelzystenälchen im Frühling von einem von der Kartoffelpflanze abgeschiedenen Weckstoff aus ihrer schützenden Zyste gelockt. Die Zyste besteht aus dem angeschwollenen Hinterleib des toten Weibchens, in dem sich mehrere hundert befruchtete Eizellen befinden können. Die jungen Älchen kriechen zu den frischen Wurzeln der Kartoffelpflanze und bohren sich in diese ein, um ihre Lebensphase als Parasit zu beginnen. Infolge des Älchenbefalls verlangsamt sich das Wachstum der Pflanze und vermindert sich der Ertrag.

Die Chemiker der Universität Amsterdam suchten nach einem umweltverträglichen Verfahren, mit dem die Zystenälchen getäuscht werden können. Ihre Strategie stützten sie auf die künstliche Herstellung des Lockstoffs Solano-Eclepin A, den junge Kartoffelpflanzen an den Wurzeln ausscheiden.

Solano-Eclepin A ist jedoch eine komplexe chemische Verbindung, deren Molekülstruktur erst 1992 entschlüsselt wurde. Der Stoff hat neun chemische Spiegelpunkte (Stereozentren genannt) und sieben ringförmige Molekülgruppen, variierend von drei- bis siebengliedrigen Ringen.

Im Rahmen der Untersuchung gelang es, den komplizierten, funktionalen siebengliedrigen Ring Siebenring zu rekonstruieren und außerdem vier der sieben Molekülringe in der Konfiguration von Solano-Eclepin A zu synthetisieren. Die biologische Aktivität dieser dem Solano-Eclepin A ähnelnden Substanzen wurde getestet. Bei zwei Derivaten konnte eine vielversprechende Lockwirkung beobachtet werden.

In Anschlussuntersuchungen gilt es nun vor allem, mehrere von Solano-Eclepin A abgeleitete Stoffe auszuprobieren. Ziel der Tests ist die Entwicklung eines industriell einfach herstellbaren biologisch aktiven Weckstoffs, der als umweltverträgliches Pflanzenschutzmittel gegen Kartoffelmüdigkeit zum Einsatz kommen kann.

Bei der Anwendung zur Bekämpfung des Kartoffelzystenälchens müssten die Landwirte die befallene brachliegende Fläche mit dem künstlichen Weckstoff behandeln. Der Stoff aktiviert verfrüht die im Boden befindlichen Älchen. Wenn die Fadenwürmer keine Nahrungsquelle finden, sterben sie ab. In der nächsten Anbausaison kann die Fläche dann ohne Gefährdung durch Kartoffelmüdigkeit mit Kartoffeln bestellt werden.

Den Amsterdamer Wissenschaftlern vermochten die Älchen sowohl in Labor- als auch in Feldversuchen erfolgreich zu bekämpfen. Bei einer optimalen Anwendung des Lockstoffs könnten auf den befallenen Fläche alle zwei Jahre – nicht erst wie jetzt alle fünf Jahren – Kartoffeln angebaut werden.

Die Untersuchungen wurden von der Technologiestiftung STW der niederländischen Forschungsorganisation NWO finanziert.

Nähere Informationen:
Jorg Benningshof (Universität Amsterdam, Fachgruppe Organische Chemie)
T +31-71-522 7686 oder +31-20-525 5488
F +31-020-545 5670
E-Mail: jorg@org.chem.uva.nl

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Msc Michel Philippens idw

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