Getreide für Extremregionen

Ohne Bewässerung ist Ackerbau in vielen Gebieten der Erde nicht möglich. Bewässerung aber erhöht den Salzgehalt in den Böden, die dadurch unfruchtbar werden. Forscher vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan (WZW) der Technischen Universität München (TUM) untersuchen Pflanzen, die auch auf versalzten Böden wachsen. Sie haben herausgefunden, wie Weizen mit dem Salzüberschuss umgeht und woran man seine Salztoleranz erkennt. Dieses Wissen ist die notwendige Grundlage für die Züchtung von Sorten, die auch bei Dürre und Wasserknappheit gute Ernte bringen.

Derzeit werden etwa 18 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit bewässert. Auf dieser Fläche wachsen etwa 40 Prozent der pflanzlichen Nahrungsmittel. Ständiger Wassermangel und häufig auftretende Dürreperioden bedrohen vor allem die Nahrungsmittelproduktion in Afrika. Aber auch weite Teile Asiens, die südlichen Staaten der USA und einige Regionen in Europa leiden unter Wasserknappheit.

Die Bewässerung der Felder in trockenen Gebieten führt zur Versalzung der Böden. Denn sie hebt den Grundwasserspiegel an, wodurch die Verdunstung zunimmt. Zurück bleibt das Salz, das im Wasser gelöst war. Was diesen Versalzungsprozess außerdem verstärkt: Die Bauern bewässern ihre Felder fast ausschließlich mit Grund- und Oberflächenwasser. Dieses ist aber im Vergleich zu Regenwasser sehr viel salziger – und mehr Salz im Boden ist Stress für Pflanzen: Sie wachsen schlechter und bringen weniger Ertrag.

Professor Urs Schmidhalter und seine Kollegen am Institut für Pflanzenernährung des WZW erforschen das komplexe Phänomen der Salztoleranz bei Pflanzen. Eine höhere Salzkonzentration im Boden hemmt die Wasseraufnahme der Pflanze. Sie kann über ihre Wurzeln nur dann Wasser aufnehmen, wenn die Salzkonzentration im Pflanzeninneren höher ist als im Bodenwasser. Die „durstige“ Pflanze will den Konzentrationsunterschied ausgleichen und nimmt Wasser auf. Ist die Salzkonzentration im Bodenwasser höher als in der Pflanze, funktioniert die Wasseraufnahme nicht mehr: Die Pflanze verwelkt. Daneben verkümmert sie aber auch, weil durch überhöhte Salzwerte Wachstumsenzyme gehemmt werden.

Doch einige Pflanzenarten trotzen solch widrigen Lebensbedingungen: Sie haben sich an trockene und salzige Bedingungen angepasst, wie sie in Wüsten, Steppen oder Meeresbuchten herrschen. Durch sehr wachshaltige Schutzschichten an ihren Blättern und eine besonders effiziente Regulation der Spaltöffnungen minimieren sie die Wasserabgabe. Über spezielle Drüsen können manche Pflanzen das zuviel aufgenommene Salz außerdem wieder abgeben. Wieder andere lagern es im Zellinneren ab, in eigens dafür gebildeten „Abfalleimern“.

Bei Anbauversuchen in Ägypten haben die Wissenschaftler des WZW entdeckt, dass auch einzelne Weizentypen überraschend gut mit salzigen Bedingungen zurechtkommen. Die Forscher haben die dafür verantwortlichen Vorgänge in einzelnen Pflanzenorganen und Wachstumsstadien identifiziert: Sie konnten im Detail zeigen, dass eine Veränderung der Leitgefäße in den Blättern den Nährstoff- und Wassertransport und damit die Ertragsbildung hemmt. Um die Erkenntnisse für die Pflanzenzüchtung nutzbar zu machen, haben die Pflanzenforscher im Gewächshaus und auf dem Feld verschiedene Merkmale geprüft, an denen man die „wüstentauglichen“ Weizentypen erkennen kann.

Sie haben herausgefunden, dass sich die salztoleranten Weizentypen in ihrer Blattfläche und in der Natrium- und Kalziumkonzentration ihrer obersten beiden Blätter sowie in der Anzahl unfruchtbarer Ährchen von „normalem“ Weizen unterscheiden. Mit Hilfe dieser Merkmale können Pflanzenzüchter neue Weizensorten entwickeln, die der weltweit zunehmenden Wasserknappheit trotzen – und so auch in Zukunft die Nahrungsmittelproduktion sichern.

Kontakt:
Prof. Dr. Urs Schmidhalter / PD Dr. Yuncai Hu
Lehrstuhl für Pflanzenernährung
Technische Universität München
85350 Freising-Weihenstephan
Tel.: +49 (0)8161 / 71-3394
E-Mail: hu@wzw.tum.de

Media Contact

Prof. Dr. Urs Schmidhalter Technische Universität München

Weitere Informationen:

http://www.wzw.tum.de/pe/

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