Zähne bürsten – aber wie?

Das tägliche Zähnebürsten ist ein besonders konsequent ausgeübtes Gesundheitsverhalten in Deutschland. Rund 70% der Deutschen berichten, die Zähne mindestens zweimal täglich zu putzen. Gleichzeitig leiden aber mehr als 90% unter Erkrankungen, die mit mangelnder Mundhygiene in Zusammenhang gebracht werden.

Fragt man die Deutschen, wie man die Zähne am besten reinigt, sind viele ratlos. Damit spiegeln sie den Stand der Forschung in dieser wichtigen Frage wieder: Zwar werden in der Zahnmedizin viele Zahnbürsttechniken beschrieben, bis heute fehlen aber wissenschaftliche Belege dafür, welche Technik sich am besten für die häusliche Mundhygiene eignet.

An der Justus-Liebig-Universität Gießen hat sich daher ein multidisziplinäres Team unter Federführung des dortigen Instituts für Medizinische Psychologie (Leitung: Prof. Dr. Renate Deinzer) zusammengefunden, um dieser Frage nachzugehen. In der Zusammenarbeit zwischen Zahnmedizin, Medizinischer Psychologie und Bewegungswissenschaften wurden Computerpräsentationen entwickelt, die jeweils eine von zwei in der Zahnmedizin in Deutschland besonders häufig empfohlenen Bürsttechniken („Fones-Technik“ vs. modifizierter „Bass-Technik“) vermitteln sollten.

Bei der Erstellung der Präsentationen wurden dabei nicht nur zahnmedizinische Aspekte bedacht, wie etwa die Frage nach der richtigen Darstellung der Technik. Auch medizinpsychologische Kenntnisse zur Förderung des Verstehens, Behaltens und Umsetzens des Erlernten wurden berücksichtigt, ebenso wie bewegungswissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie Bewegungsabläufe am besten gelernt und eintrainiert werden.

In einer ersten soeben in der angesehenen Zeitschrift PLoS ONE publizierten Studie konnte das Autorenteam zeigen, dass solche Computerpräsentationen helfen können, die Mundhygiene¬fertigkeiten Studierender zu verbessern. Dabei erzielte die Fones-Technik die besten Erfolge. Die Studienleiterin, Prof. Dr. Renate Deinzer, sagt dazu: „Die Fones-Technik erinnerte viele an das, was sie bereits im Kindergarten gelernt hatten. Möglicherweise begründet das ihren Erfolg. Wir hätten allerdings erwartet, dass die Bass-Technik, die in der Zahnmedizin oft für die Methode der Wahl zur Bekämpfung von Zahnfleischentzündungen und Parodontitis gehalten wird, besser abschneidet. Das Erlernen dieser Technik fiel aber den Studierenden schwer und brachte ihnen keinen Erfolg.

In weiteren Studien werden wir prüfen müssen, ob sich dieses Ergebnis auch in anderen Bevölkerungsgruppen bestätigt. Ganz unabhängig davon waren für uns die mangelnden Hygienefertigkeiten der Studierenden zu Studienbeginn erschreckend. Möglicherweise ist mangelnde Mundhygiene tatsächlich häufig keine Frage mangelnder Motivation sondern mangelnder Fertigkeiten. Umso wichtiger wäre es demnach, diese Fertigkeiten in der Praxis zu überprüfen und nötigenfalls zu verbessern. Unsere Forschungsaufgabe sehen wir darin, in multidisziplinärer Zusammenarbeit Wege zu finden, wie dies am besten gelingt.“

Die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie (DGMP) befasst sich seit Jahrzehnten mit Forschung an der Schnittstelle von Psychologie und Zahnmedizin. Prof. Dr. Renate Deinzer, die zugleich auch Präsidentin dieser wissenschaftlichen Fachgesellschaft ist, leitet gemeinsam mit Dr. Margraf-Stiksrud eine Arbeitsgruppe der DGMP zu diesem Themenbereich.

Publikationsverweis:
Harnacke D, Mitter S, Lehner M, Munzert J, Deinzer R (2012) Improving Oral Hygiene Skills by Computer-Based Training: A Randomized Controlled Comparison of the Modified Bass and the Fones Techniques. PLoS ONE 7(5): e37072. doi:10.1371/journal.pone.0037072; http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0037072

Autoren: Daniela Harnacke, Simona Mitter, Marc Lehner, Jörn Munzert, Renate Deinzer
Kontakt zur Autorin:
Prof. Dr. Renate Deinzer, Institut für Medizinische Psychologie, Justus-Liebig-Universität Gießen, Friedrichstraße 36, 35392 Gießen. Tel.: 0641 99 45680, Fax: 0641 99 45689

Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie http://www.dgmp-online.de:

Prof. Dr. Peter Kropp, Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Universitätsmedizin, Gehlsheimer Straße 20, 18147 Rostock

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