Windgeschwindigkeitsmessung – PTB entwickelt Lidar mit höchster Auflösung

Das bistatische Doppler-Lidar-System der PTB kann in jedem Gelände zum Einsatz kommen. (Foto: PTB)

Wissenschaftlern der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ist es gelungen, ein mobiles Messsystem zu entwickeln, mit dem sich die Windgeschwindigkeit und die Windrichtung vom Boden aus mit höchster Genauigkeit und Ortsauflösung messen lässt.

Bisher wird die Windgeschwindigkeit, anhand derer sich der potenzielle Ertrag eines künftigen Windparks berechnen lässt, mittels kalibrierter Windmesser (Anemometer) gemessen, die auf Messmasten montiert sind. Insbesondere in großen Messhöhen könnte das System der PTB künftig eine Alternative zu dieser aufwendigen und kostspieligen Technik darstellen. Erste Testmessungen waren bereits erfolgversprechend. Die Messergebnisse des mobilen PTB-Systems und eines Messmastes wichen um weniger als 0,5 Prozent voneinander ab.

Wer Geld für den Bau eines Windparks bereitstellt, will wissen, ob sich die Investition lohnt. Und ob es sich lohnt, verrät die Messung der Windgeschwindigkeiten am künftigen Standort. Denn darüber lässt sich die erwartete elektrische Energie ermitteln, die dort pro Jahr erzeugt werden kann.

Für die Windpotenzialanalyse werden derzeit Messmasten genutzt, an denen Anemometer installiert sind. Doch das Errichten dieser Masten für die Windmessung ist aufwendig und die Kosten steigen mit der Nabenhöhe moderner Windräder.

Daher wird die Messmast-Technik bei zunehmender Anlagenhöhe durch bodengestützte Lidar-Systeme ergänzt. Konventionelle (monostatische) Lidar-Systeme setzen jedoch für genaue Messungen räumlich und zeitlich gleiche Windverhältnisse voraus, was abhängig von der Geländestruktur nicht immer gegeben ist.

Die PTB hat daher das Lidar-System weiterentwickelt. Erprobt wird derzeit ein sogenanntes bistatisches Doppler-Lidar-System, das mithilfe eines Lasers (bzw. Senders) und dreier Empfänger vom Boden aus die Windgeschwindigkeit sowie die Windrichtung in einer Höhe von bis zu 300 Meter bestimmen kann. Erste Versuchsmessungen Mitte 2015 und Anfang 2016 waren bereits von Erfolg gekrönt:

Die Messungen des auf einem vier Meter langen Anhänger montierten mobilen Messsystems der PTB und eines kalibrierten Messmastes wichen um weniger als 0,5 Prozent voneinander ab. „Langfristig wollen wir ein System entwickeln, das die Rückführung der Windgeschwindigkeit auf die SI-Basiseinheiten mit kleinen Messunsicherheitswerten auch in komplexem Gelände ermöglicht“, sagt Michael Eggert von der Arbeitsgruppe Strömungsmesstechnik in der PTB.

Wie der Name sagt, macht sich das System den Doppler-Effekt zu Nutzen. Man denke an das Martinshorn eines Feuerwehrautos: Fährt das Auto auf uns zu, ist der Ton der Sirene schrill und hoch. Doch nach dem Vorbeifahren wird der Ton immer tiefer. Denn die Schallwellen werden in Fahrtrichtung zusammengeschoben und beim Wegfahren auseinandergezogen – die Frequenz der Wellen verändert sich. Anhand der Frequenzveränderung lässt sich mithilfe mehrerer Empfänger der Geschwindigkeitsvektor (Geschwindigkeit und Richtung) bestimmen.

Nach diesem Prinzip funktioniert das bistatische Doppler-Lidar-System. Allerdings ist das Feuerwehrauto in diesem Fall ein Partikel (Aerosol) in der Luft. An diesem wird das Licht des Lasers in alle Richtungen gestreut. So können Teile des Lichts von den drei am Boden befindlichen Empfängern erfasst werden. Der Sendestrahl des Lasers und die Empfangsstrahlen der Empfänger sind auf einen gemeinsamen Punkt gerichtet. An diesem Messort, einem Messvolumen mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern und einer Länge von einigen Dezimetern, kann die Geschwindigkeit und Flugrichtung jedes Teilchens ausgewertet werden.

Damit hat das System einen deutlichen Vorteil gegenüber herkömmlichen Lidar-Systemen, bei denen der Sendestrahl des Lasers mit einem Empfangsstrahl überlagert ist. Bei dieser Technik wird der Laserstrahl geschwenkt und es wird jeweils an unterschiedlichen Orten mit einem Messvolumen von etwa 20 Metern Länge gemessen. Der Windvektor lässt sich so nur bei einem homogenen Strömungsfeld bestimmen. Andernfalls kann die Messunsicherheit bis zu 10 Prozent betragen, was keine Alternative zur Messmast-Technik darstellt. Das bistatische System der PTB hingegen könnte den kalibrierten Messmasten echte Konkurrenz machen. Zumal es durch seinen Aufbau in sich auf die SI-Einheiten rückführbar ist. Denn die gemessene Geschwindigkeit lässt sich auf bereits bekannte, kalibrierte Größen rückführen: die Laserwellenlänge, die Empfängergeometrie (Länge) sowie die Zeitbasis zur Frequenz- und Laufzeitbestimmung. „So haben wir künftig ein Bezugsnormal, das nicht kalibriert werden muss“, erklärt Eggert.
(ms/ptb)

Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Michael Eggert, PTB-Arbeitsgruppe 1.41 Strömungsmesstechnik, Telefon: (0531) 592-1317, E-Mail: michael.eggert@ptb.de

Media Contact

Erika Schow Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)

Weitere Informationen:

http://www.ptb.de/

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