Wiedergeburt eines Vulkans

Bezymianny is an active stratovolcano on the Kamchatka peninsula in eastern Russia.
(Photo: GFZ)

Erstmals dokumentieren Langzeitreihen den „Lebenszyklus“ eines Feuerbergs. Die Analysen von Forschenden des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ und internationalen Kollegen zeigen, dass Vulkane eine Art Gedächtnis haben.

Vulkane werden und vergehen – und erwachsen dann erneut auf ihren eigenen Überresten. Insbesondere der Zerfall eines Vulkans geht oft mit katastrophalen Folgen einher, wie zuletzt im Jahr 2018 am Anak Krakatau. Die Flanke des Vulkans war kollabiert und ins Meer gerutscht. Der dadurch ausgelöste Tsunami tötete mehrere Hundert Menschen an Indonesiens Küste.

Lang anhaltende vulkanische Aktivitäten nach einem Kollaps sind bislang nicht im Detail dokumentiert. Jetzt präsentieren Forschende des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ gemeinsam mit russischen Vulkanologen in der Fachzeitschrift „Nature Communications Earth and Environment“ erstmals Ergebnisse einer rund sieben Jahrzehnte langen fotogrammetrischen Datenreihe für den Vulkan Bezymianny auf der Halbinsel Kamtschatka. Erstautorin Alina Shevchenko vom GFZ sagt, „durch die deutsch-russische Kooperation konnten wir hier einen einzigartigen Datensatz analysieren und neu interpretieren“.

Im Jahr 1956 ist der östliche Sektor von Bezymianny kollabiert. Aufnahmen von Helikopterüberflügen aus Sowjetzeiten sowie Satellitenbilder und neuere Drohnenaufnahmen wurden am GFZ Potsdam mit neuesten Verfahren analysiert und dokumentieren die Wiedergeburt des Vulkans nach dem Kollaps.

Unmittelbar darauf erwuchsen mehrere Kegel an zunächst verschiedenen, etwa 400 Meter voneinander entfernten Schloten. Nach rund zwei Jahrzehnten wurde die Aktivität stärker und die Schlote wanderten langsam zusammen. Nach etwa fünfzig Jahren konzentrierte sich die Aktivität auf einen einzelnen Schlot, was das Wachstum eines neuen und steilen Kegels ermöglichte.

Die Autorinnen und Autoren der Studie ermittelten eine durchschnittliche Wachstumsrate von 26.400 Kubikmeter pro Tag – das entspricht in etwa tausend großen Kipplaster-Anhängern. Damit lässt sich prognostizieren, wann das Vulkangebäude erneut die kritische Höhe erreichen könnte, bei der sich Kollaps unter dem eigenen Gewicht wiederholen könnte. Die numerische Modellierung erklärt auch die Änderungen der Spannungen und somit das Wandern der Eruptionsschlote.

Thomas Walter, Vulkanforscher am GFZ und Koautor der Studie, resümiert: „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass der Zerfall und das erneute Wachstum eines Vulkans große Einflüsse auf die Wegsamkeiten des Magmas in der Tiefe haben. Somit zeigen zerfallene und neu erwachsene Vulkane eine Art Gedächtnis ihres veränderten Spannungsfeldes.“ Für künftige Prognosen heiße das, dass die Historie des Werdens und Vergehens mit einzubeziehen ist, um zu Aussagen über mögliche Ausbrüche oder Kollapse zu kommen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Thomas Walter
Arbeitsgruppenleiter in der GFZ-Sektion Erdbeben- und Vulkanphysik
Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
E-Mail: thomas.walter@gfz-potsdam.de
Tel: +49 331 288-1253

Originalpublikation:

A. Shevchenco et al.: “The rebirth and evolution of Bezymianny volcano, Kamchatka after the 1956 sector collapse” in Nature Communications Earth and Environment, DOI: 10.1038/s43247-020-00014-5

http://www.gfz-potsdam.de/

Media Contact

Josef Zens Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer