Verformung komplexer Metalle: Bugwelle ordnet Puzzlestücke
Erstmals konnten die Forscher des Instituts für Festkörperforschung zeigen, wie ein Versetzungsmechanismus in einer hochkomplexen Struktur funktioniert. Die Entdeckung lässt sich zukünftig für ein zielgerichtetes Materialdesign nutzen, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „nature materials“.
Dr. Marc Heggen, Dr. Lothar Houben und Dr. Michael Feuerbacher untersuchten ein typisches Material aus der großen Gruppe der „Komplexen intermetallischen Phasen“ (Complex Metallic Alloys, CMAs), die erst in den vergangenen Jahren durch verbesserte Untersuchungsmethoden und technologische Fortschritte in den Fokus der Forschung rückte.
„Das überraschende an CMA-Materialien ist, dass sie durch Druck deformierbar sind, obwohl die Verformungsmechanismen einfacher Kristalle bei ihnen nicht funktionieren können und man deshalb eigentlich erwarten würde, dass das Material leicht bricht“, erläutern die Physiker. Denn CMA-Materialien haben einen ungleich komplizierteren Aufbau als einfache Kristalle.
Die Forscher verfolgten nun mit einem hochauflösenden Rastertransmissionselektronenmikroskop, was auf atomarer Ebene bei der Verformung passiert: Die Schlüsselrolle spielt eine sogenannte Versetzung, die in diesem Fall außergewöhnlich komplex und mehr als hundert Mal größer als in einfach strukturierten Metallen ist. Während der Verformung bewegt sich die Versetzung durch die Kristallstruktur und schiebt dabei wie ein Schiff im Wasser eine Bugwelle vor sich her, in der die atomare Umordnung vorbereitet wird. Dabei müssen jeweils einige Tausend Atome koordinierte Platzwechsel durchführen.
„Der Mechanismus nutzt das Vorhandensein einer benachbarten, strukturell verwandten Phase im Legierungssystem als zusätzlichen Freiheitsgrad für die plastische Verformung, um so ein Versagen des Materials durch Bruch zu verhindern“, berichten die Autoren. Obwohl der Mechanismus auf atomarer Ebene äußerst komplex ist, lässt er sich durch ein einfaches Modell beschreiben, bei dem geometrische Elemente wie Puzzlestücke ineinandergreifen.
Artikel in „nature materials“:
http://www.nature.com/nmat/journal/vaop/ncurrent/abs/nmat2713.htm
DOI: 10.1038/NMAT2713
Weiterführende Informationen zur Jülicher Mikrostrukturforschung:
http://www.fz-juelich.de/iff/e_imf_synthesis/
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.fz-juelich.de/iff/e_imf_synthesis/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften
Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.
Neueste Beiträge
KI-basierte Software in der Mammographie
Eine neue Software unterstützt Medizinerinnen und Mediziner, Brustkrebs im frühen Stadium zu entdecken. // Die KI-basierte Mammographie steht allen Patientinnen zur Verfügung und erhöht ihre Überlebenschance. Am Universitätsklinikum Carl Gustav…
Mit integriertem Licht zu den Computern der Zukunft
Während Computerchips Jahr für Jahr kleiner und schneller werden, bleibt bisher eine Herausforderung ungelöst: Das Zusammenbringen von Elektronik und Photonik auf einem einzigen Chip. Zwar gibt es Bauteile wie MikroLEDs…
Antibiotika: Gleicher Angriffspunkt – unterschiedliche Wirkung
Neue antimikrobielle Strategien sind dringend erforderlich, um Krankheitserreger einzudämmen. Das gilt insbesondere für Gram-negative Bakterien, die durch eine dicke zweite Membran vor dem Angriff von Antibiotika geschützt sind. Mikrobiologinnen und…