Verbreitungsmodelle können künftige Ausbreitung von Säugetieren nur begrenzt vorhersagen – Konkurrenz bestimmt Klimaanpassungen

Die Forscher hatten dazu Verbreitungs-, Klima-, Landbedeckungs- und Topografiedaten sowie den Verwandschaftsgrad der Arten analysiert. Weil die Klimanische schon zwischen nahe verwandten Arten sehr unterschiedlich ist, scheint sie sich schnell anpassen zu könnnen. Damit sind aber auch Vorhersagen aufgrund der heutigen Verbreitung wenig verlässlich.

Viele Säugetierarten weltweit sind durch den Verlust ihrer Lebensräume, Chemikalien und Verkehr bedroht, der Klimawandel sei nur eine von mehreren Bedrohungen, schreiben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) im Fachblatt Biology Letters der Royal Society.

In ihrer Studie erstellten die Forscher Verbreitungsmodelle für europäische Säugetierarten und berechneten anschließend, wie stark sich deren Klimanischen überschnitten. Diese geben an, unter welchen Klimabedingungen eine Art gegenwärtig vorkommt. Anschließend verglichen sie die Unterschiede der Klimanischen mit der Entfernung auf dem Stammbaum zur nächst-verwandten Art. Die Nischenlappung war dabei viel geringer als es die Verwandschaftsverhältnisse hätten erwarten lassen. So sind beispielsweise Arten wie Großes Mausohr (Myotis myotis) und Kleines Mausohr (Myotis blythii), Steinmarder (Martes foina) und Baummarder (Martes martes) oder Iberischer Hase (Lepus granatensis) und Feldhase (Lepus europaeus) eng verwandt, besetzen aber anscheinend unterschiedliche Klimanischen.

"Unsere Analyse deutet auf eine hohe klimatische Flexibilität – unabhängig vom Verwandschaftsgrad zwischen den Arten", erläutert Dr. Carsten Dormann vom UFZ. "Die Konkurrenz zwischen nahe verwandten Arten hat dafür gesorgt, dass diese gegenwärtig unterschiedliche Klimanischen besetzten. Das setzt anscheinend keine langwierige evolutionäre Anpassung voraus, sondern ist innerhalb der physiologischen Grenzen der Arten möglich. Die tatsächlich ausgeprägte, derzeit besetzte Klimanische ist wahrscheinlich also nur ein kleiner Teil der so genannten fundamentalen Nische." Säugetiere können einen breiteren Klimabereich besiedeln als Insekten oder Pflanzen, weil sie als gleichwarme Tiere Klimaunterschiede besser abpuffern. "Wir vermuten daher, dass die Verwandschaftsverhältnisse bei Reptilien oder Insekten eine größere Rolle spielen." Außerdem war innerhalb der Hasenartigen, Nagetiere und Insektenfressern Nischenüberlappung geringer als bei den Fledermäusen und Raubtieren. Das deutet darauf hin, dass mobile Arten Konkurrenz durch verwandte Arten besser vermeiden können.
Tilo Arnhold

Mit seiner Expertise trägt das UFZ dazu bei, die Folgen des Klimawandels zu erforschen und Anpassungsstrategien zu entwickeln. Mehr dazu erfahren Sie in der Sonderausgabe des UFZ-Newsletters "In Sachen Klimawandel" unter http://www.ufz.de/index.php?de=10690 .

Publikation:
Dormann, C.F., Gruber, B., Winter, M., Hermann, D. (2009). Evolution of climate niches in European mammals. Biology Letters
Dr. Carsten Dormann/ Dr. Bernd Gruber/ Dr. Martin Winter
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Telefon: 0341-235-1946, -1948 bzw. 0345-558-5316
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oder über
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635
E-mail: presse@ufz.de

Weiterführende Links:
Umweltrecht unter Anpassungsdruck?
In: UFZ-Spezial "In Sachen Klimawandel" (S.29)
http://www.ufz.de/index.php?de=10690

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
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