Ultraschall-Technologie nach Maß

Modulare Ultraschallplattform für medizinische Anwendungen © Fraunhofer IBMT

Ultraschall-Verfahren machen sichtbar, was unserem bloßen Auge verborgen bleibt: Ärzte untersuchen mithilfe von Sonographie Gewebsveränderungen in unserem Körper, U-Boote orientieren sich mit Sonarsystemen in der Dunkelheit der Tiefsee und in der Werkstoff- und Bauteileprüfung bietet Ultraschall eine zerstörungsfreie Alternative zu teuren, nicht echtzeitfähigen Verfahren. Je nach Anwendung kommen dabei unterschiedliche Technologien zum Einsatz.

»Meist werden anhand der Kundenanforderungen komplette Spezialsysteme entwickelt. Vor dem Hintergrund, dass sich diese nur für einen sehr eingeschränkten Bereich nutzen lassen, ist der Entwicklungsaufwand jedoch recht hoch«, erklärt Steffen Tretbar vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT in St. Ingbert.

Tretbar und sein Team gehen deshalb einen neuen Weg: Die Wissenschaftler haben eine mehrkanalige Ultraschallplattform mit modularem Aufbau entwickelt, die sich an ganz unterschiedliche Anwendungen wie z. B. die Echtzeit-Therapiekontrolle anpassen lässt.

»Damit können wir auf Kundenanfragen für verschiedenste Anwendungen nicht nur schnell reagieren, sondern auch kostensparende Lösungen anbieten«, sagt Tretbar. Das System nutzt Basiskomponenten wie Main Board, Spannungsversorgung sowie Steuerungssoftware, die immer gleich bleiben. »Die anwendungsspezifischen Komponenten, die Front-End Boards, setzen wir dann in dieses Main Board ein – wie bei einem Baukastensystem«, erläutert Tretbar.

Um ein System an eine Anwendung anzupassen, ist der Frequenzbereich der Ultraschallwellen eine zentrale Stellschraube: Sonarsysteme bewegen sich typischerweise im niederfrequenten Bereich (vom Kilohertz-Bereich bis etwa 2 MHz). Damit erhält man zwar keine hohe Ortsauflösung der Bilder, kann jedoch bis zu mehrere hundert Meter weit »sehen«.

Anders beim Einsatz in der Medizin: Hier benötigt der Arzt möglichst hochaufgelöste Aufnahmen. Die Schallwellen müssen dazu jedoch keine weiten Strecken zurücklegen, sondern nur ein paar Zentimeter in den Körper eindringen. Daher bewegt sich medizinischer Ultraschall meist in einem Frequenzbereich zwischen 2 bis 20 MHz. Sehr hohe Frequenzen bis in den 100 MHz-Bereich ermöglichen Auflösungen im µm-Bereich, z. B. für die Werkstoffprüfung oder die Bildgebung von Kleintieren, die bei der Entwicklung von neuen Verfahren erforderlich ist. Für alle drei Bereiche haben die Forscher entsprechende Front-End Boards entwickelt.

Schnelle Schnittstellen zum Rechner

Um das System feinzujustieren, muss dann lediglich noch die Software entsprechend konfiguriert werden. »Wir haben sehr schnelle Schnittstellen zum PC realisiert. Damit können wir die Systeme in Echtzeit steuern, eine sehr rasche Signalverarbeitung mit Wiederholraten im kHz-Bereich ermöglichen und einfach neue für unterschiedliche Applikationen angepasste Softwarealgorithmen implementieren«, erläutert Tretbar.

Ein weiterer Vorteil der Ultraschallplattform: Die Wissenschaftler können nicht nur auf klassische Bilddaten zurückgreifen, sondern auf die unverarbeiteten Rohsignale jedes Elements eines Ultraschallarrays. Damit lassen sich völlig neue Verfahren entwickeln.

Die verschiedenen Module sind einsatzreif – vor allem Unternehmen aus dem medizinischen Bereich haben Interesse an den Entwicklungen signalisiert. Um die Technologie in konkrete Produkte zu implementieren, bieten die Experten vom IBMT zwei Vorgehensweisen an: Entweder stellen sie zu den Ultraschallsystemen Software-Schnittstellen zur Verfügung, die direkt in das System des Kunden integriert werden.

Die zweite Möglichkeit ist, die Anwendung des Kunden in die Software des Ultraschallsystems einzubinden und dann eine Software für die Gesamtapplikation zu realisieren. Im Rahmen der Forschungsplattform deckt die Entwicklungskompetenz des IBMT sämtliche Technologiekomponenten ab – vom Ultraschallwandler über neue Ultraschallverfahren bis hin zu Komplettsystemen und deren Zertifizierung bzw. Zulassung als Medizinprodukt.

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Annette Maurer Fraunhofer Forschung Kompakt

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