TSB bewilligt fünf neue Projekte aus dem Zukunftsfonds Berlin

Am 09.07.2009 hat das Kuratorium der TSB Technologiestiftung Berlin insgesamt 6,8 Millionen € aus dem Zukunftsfonds Berlin für fünf neue Forschungs- und Entwicklungsprojekte bewilligt.

Der Zukunftsfonds Berlin, den die TSB als Treuhänderin des Landes Berlin bewirtschaftet, fördert strategische Forschungs- und Entwicklungsprojekte in Berlin aus Mitteln des Landes Berlin und des Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE). Für die fünf neuen Projekte im Gesamtumfang von 9,1 Millionen € haben die Geförderten insgesamt 2,3 Millionen € eigene Mittel mobilisiert. Die Förderung erfolgt teilweise als Zuschuss, teilweise in Form von Darlehen oder stillen Beteiligungen.

ELS: Energiesparen auf der Schiene
Im Projekt ELS – Energieoptimiertes Leit- und Störfallmanagement wird ein Konsortium aus Technischer Universität Berlin (TU Berlin) und fünf kleinen und mittelständischen Berliner Unternehmen Software und Systeme für die Zug-zu-Infrastruktur-Kommunikation entwickeln, die Energieeinsparungen beim Betrieb schienengebundener Nahverkehrssysteme ermöglichen. Die neue Technik soll energiefressende Brems-, Beschleunigungs- und Anfahrvorgänge vermeiden helfen. Dies soll unter Einhaltung des Fahrplans dadurch erreicht werden, dass alle den Energiebedarf des Fahrzeugs betreffenden Informationen unter Berücksichtigung der in der Leitzentrale vorhandenen Informationen zum gesamten Verkehrsgeschehen automatisiert in Echtzeit zu Fahrempfehlungen verabeitet werden. Herkömmliche Leittechnik von U- und S-Bahnen kann dies nicht. Über den Nutzen für die einzelnen Geförderten – Wettbewerbsfähigkeit durch den Aufbau einzigartiger Kompetenzen und Umsatz mit neuen Produkten – hinaus hat Berlin weitere Vorteile von diesem Projekt: Die Stadt ist heute schon ein überregional wichtiger Standort der Bahntechnik und der Bahnforschung. Dies bringt erhebliche Fühlungsvorteile für Unternehmen und Wissenschaftler aus diesem Technologiegebiet mit sich. Projekte wie dieses, in dem die Akteure durch die gemeinsame Entwicklung völlig neuer Technik ihre Leistungsfähigkeit und ihre Kooperationsfähigkeit zeigen, stärken nicht nur diese standortprägenden Faktoren, sondern auch die überregionale Wahrnehmung Berlins. Sie tragen so zur langfristigen Sicherung und zum Ausbau der Stärken der Stadt bei. Dass das Vorhaben obendrein das Potenzial hat, im Erfolgsfalle nicht nur neue Technik zu generieren, sondern auch noch einen Beitrag zur Energieeinsparung in Berlin zu leisten, ist ein Nutzen, den man natürlich gerne sieht.
VirtuOS: Sichere Elektronik im Auto
Unter dem Titel VirtuOS entwickelt ein Berliner Unternehmen gemeinsam mit der TU Berlin und dem Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST ein Betriebssystem für den Einsatz im Automobil weiter. Das Betriebssystem, das kompatibel mit dem internationalen Standard AUTOSAR ist, wird um sicherheitskritische Eigenschaften ergänzt. Der Einsatz von Virtualisierungs-Technologien erlaubt die Integration von nicht sicherheitsrelevanten Anwendungen, zum Beispiel Infotainment-Applikationen der Auto- oder Infotainmentgeräte-Hersteller, und von sicherheitsrelevanten Applikationen der KFZ-Elektronik auf einer gemeinsmen Hardware. Für die KFZ-Industrie ist das interessant, weil dadurch nicht mehr mehrere Bordrechner erforderlich sind und sich die gesamte Bordelektronik deutlich einfacher gestalten lässt. Im Projekt werden vorrangig Safety- und Security Aspekte (Zuverlässigkeit und Sicherheit) untersucht und in einem Demonstrator umgesetzt, um damit die Grundlagen zur Erhöhung der Sicherheit von Automobil-Betriebssystemen zu legen. Automobil-Engineering ist ein Handlungsfeld der Berliner Innovationsstrategie, in dem eine Vielzahl von Instituten und Unternehmen tätig sind, die insgesamt deutlich wachsen. Das Projekt bündelt Kompetenzen der Stadt und stellt so einen Baustein dar, Berlin als Anwendungszentrum für KFZ-Technik auf dem besonders anspruchsvollen Gebiet der Automobilelektronik und -software zu stärken.
IT-gestützte Methoden für die Gestaltung von Bauprozessen
Im Projekt IT-gestützte Methoden für die Gestaltung von Bauprozessen geht ein Konsortium aus TU Berlin und drei kleinen und mittelständischen Unternehmen das Vorhaben an, Methoden für die Planung und Ausführung von Produktionsprozessen, die es in manchen Teilen des verarbeitenden Gewerbes bereits gibt, auf die – weitaus komplexere – Prozessgestaltung der Bauindustrie zu übertragen. Die vollständige mathematische Modellierung der Prozesse und die vollständige Beschreibung der Eingangsparameter und der Abhängigkeiten dieser Prozesse sollen es ermöglichen, Ausführungs- und Ablaufpläne weitgehend automatisch aus diesen Prozessmodellen zu generieren. Auswirkungen von Ablaufänderungen oder -störungen bei der Bauausführung, erhebliche Kostentreiber bei Bauvorhaben, sollen dadurch so frühzeitig in ihrem gesamten Umfang erkennbar werden, so dass man durch rechtzeitige Maßnahmen Kosten für nachträgliche Nachbesserungen einsparen kann. Das Vorhaben hat ein erhebliches technisches Risiko. Bei komplizierten Prozessen muss eine entsprechende Software unter Umständen weit mehr als zehntausend Parameter verwalten, deshalb ist es auch ohne öffentliche Förderung nicht umsetzbar. Im Erfolgsfalle entsteht eine völlig neuartige Generation von Software für das Bauprojektmanagement, deren Möglichkeiten weit über bestehende Systeme hinausreichen. Unternehmen, die solche neuartigen Herangehensweisen beherrschen, können dann erhebliche Wettbewerbsvorteile erzielen. Daher liegt die Chance des Projektes für Berlin nicht nur im Vertrieb neuartiger Software. Die Verankerung in Forschung und Lehre bietet auch die Möglichkeit, die Kompetenz zur Nutzung solcher neuen Technologien zu erwerben. Dadurch kann im Erfolgsfalle ein zusätzlicher Standortnutzen für Berliner Unternehmen der gesamten Branche erwartet werden.
Virtual Speciment Scout: Telemedizin unterstützt Pathologen
Im Projekt Virtual Specimen Scout entwickeln die Charité – Universitätsmedizin Berlin, die TU Berlin und zwei Unternehmen ein neues System zur Diagnostik pathologischer Schnitte. Das System soll digitale Bilder von Gewebeschnitten automatisiert voranalysieren. Dadurch weist es den Arzt, der die Diagnose erstellt, auf besonders relevante Bereiche des Bildes hin und kann auf Basis der Bildanalyse Vergleichsbilder aus einer Referenzdatenbank zur Verfügung stellen, die Bilder enthält, zu denen bereits gesicherte Diagnosen bekannt sind. Die Referenzbild-Datenbank baut sich durch den Betrieb des Systems immer weiter auf. So soll die Diagnostik bei den anwendenden Ärzten nicht nur qualitativ verbessert, sondern insbesondere der Diagnosezeitraum verringert werden. Die Verwertung erfolgt über den Vertrieb von Software und den Zugriff auf Referenzdaten. Neben diesem unmittelbaren Nutzen der Geförderten entsteht ein Zusatznutzen, sowohl für Berlin als auch überregional, indem das Vorhaben das teilweise über Jahre entstandene diagnostische Wissen der Charité in Form von Referenzdaten Dritten zugänglich macht, während es gleichzeitig durch neue Referenzdaten, die aus seiner Anwendung entstehen, den verfügbaren Wissenspool zu einer Art Pathologie-Suchmaschine erweitert. Erste Anwendungen aus der Pathologie wie ein Zweitbefundungsservice und die Fernbefundung von Gewebeproben waren vor etlichen Jahren eine Keimzelle Berliner Telemedizin Know-hows. Seitdem sind in Berlin eine Vielzahl von Anbietern sowohl von Technik für die Telemedizin als auch von telemedizinischen Dienstleistungen neu entstanden. Die Telemedizin ist dadurch eine überregional bekannte Stärke Berlins geworden und gehört heute zu den besonders stark wachsenden Handlungsfeldern der Berliner Innovationsstrategie. Das Vorhaben nutzt die seitdem deutlich gewachsene Leistungskraft von IT-Systemen und die wissenschaftlichen Kompetenzen Berlins im Bereich der automatischen Bildverarbeitung, um neue Anwendungen zu erschließen, die die Berliner Telemedizinkompetenzen weiter ausbauen.
Bandscheiben-OP im Kernspin-Tomographen
Unter dem Projekttitel „Mikrotherapie der Wirbelsäule in der offenen Hochfeld-Magnetresonanztomographie“ entwickeln zwei Berliner Medizintechnikunternehmen gemeinsam mit der Charité komplexe interventionelle Instrumente für die minimal-invasive Behandlung von weit verbreiteten und schwersten Wirbelsäulenleiden. Weltneuheiten sind die eigens zu entwickelnden MRT-sicheren Miniatur-Endoskope und eine MRT-taugliche hochauflösende Mikro-Kamera. Die Herausforderungen an die Geräte sind allerdings hoch. Es dürfen keine störenden, ferromagnetischen Materialen verwendet werden. Gleichzeitig müssen die Instrumente eine gute Abgrenzbarkeit im MRT Bild aufweisen. Herkömmliche Elektronikbauteile sind bei den hohen Magnetfeldstärken der Hochfeld-MRT ebenfalls nicht ohne Einschränkungen verwendbar. Neu ist auch der translationale Forschungsansatz des Projekts, der von der Grundlagenforschung bis zur Etablierung der klinischen Anwendung reicht. Bei der Mikrotherapie unter MR Bildgebung entfällt, im Gegensatz zu Interventionen unter CT- oder Röntgenkontrolle, die für Arzt und Patienten gefährliche Strahlenbelastung, da ein Magnetresonanztomograph seine Bilder durch starke, aber ungefährliche Magnetfelder erzeugt. Das Projekt setzt auf die besondere Kompetenz Berlins im Bereich der medizinischen bildgebenden Verfahren. Forscher der Charité entwickelten als erste Methoden, mit denen sich Operationen unter MRT-Echtzeit-Bildgebung durchführen lassen. Zu dem betreibt die Charité das deutschlandweit einzige offene Hochfeld-MRT, das externen Nutzern für Forschungs- und Entwicklungszwecke zugänglich ist und von vielen Berliner Unternehmen genutzt wird. So entstanden in Berlin die weltweit einzigen am Markt verfügbaren MRT-geeigneten Endoskope und Knochenzemente. Dieser regionale Kompetenzvorsprung wird nun durch die zukunftsweisende Entwicklung moderner Therapien und anspruchsvoller Instrumente weiter ausgebaut.

Die Vorhaben des Zukunftsfonds Berlin sind finanziert vom Land Berlin, kofinanziert von der Europäischen Union – Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung.

Weitere Informationen:
TSB Technologiestiftung Berlin
Christian Hammel
Fasanenstraße 85
10623 Berlin
Tel. 030 / 46 30 25 59
E-Mail: hammel@technologiestiftung-berlin-de

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Frauke Nippel idw

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