Tenascin-Proteine hemmen Regeneration der Zell-Ummantelung

Juliane Bauch hat sich in ihrer Promotion intensiv mit der Ursache für die Zerstörung der Myelinscheiden bei der Multiplen Sklerose befasst.
Bild: RUB, Kramer

Welche Rolle die beiden Proteine Tenascin C und Tenascin R für die Multiple Sklerose spielen, haben Forschende der Ruhr-Universität Bochum untersucht. Bei der Krankheit zerstören Zellen des Immunsystems die Myelinscheiden, also die Ummantelungen der Nervenzellen. Wie das Bochumer Team in Versuchen mit Mäusen zeigte, hemmt die Anwesenheit der beiden Tenascine die Regeneration der Myelinscheiden. Dr. Juliane Bauch und Prof. Dr. Andreas Faissner vom Bochumer Lehrstuhl für Zellmorphologie und Molekulare Neurobiologie schildern die Ergebnisse in der Zeitschrift „Cells“, online veröffentlicht am 28. Mai 2022.

Die Ursache für die Zerstörung der Myelinscheiden bei der Multiplen Sklerose ist bislang nicht geklärt. „Aber der Organismus verfügt über diverse Mechanismen, um die Läsionen in Teilen wieder zu kompensieren“, sagt Juliane Bauch, die sich in ihrer Promotion intensiv mit dem Thema befasst hat. Ziel der Arbeiten ist es, Ansatzpunkte zu identifizieren, mit denen sich die Regeneration der Myelinscheiden verbessern lassen könnte.

Tenascine behindern Regeneration der Nervenzell-Ummantelung

Tenascin C und Tenascin R sind Bestandteile der Extrazellulären Matrix, also des Gerüsts, in das die Zellen eingebettet sind. Die Extrazelluläre Matrix beeinflusst die Zellen, etwa die Oligodendrozyten, welche die Myelinscheiden bilden. Um den Einfluss der beiden Tenascine auf die Regeneration der Myelinscheiden zu untersuchen, behandelten die Forschenden Mäuse mit dem Mittel Cuprizon, das die Myelinscheiden zerstört. Nachdem Cuprizon abgesetzt worden war, beobachteten Bauch und Faissner, wie gut die Myelinscheiden regenerierten.

Die Forschenden verglichen den Prozess bei Mäusen, die Tenascin C und Tenascin R normal bildeten, und bei genetisch veränderten Mäusen, denen die beiden Tenascine fehlten. Zu diesem Zweck erstellten sie Gewebeschnitte des Gehirns und werteten die Dicke der Myelinscheiden aus. Mäuse ohne Tenascin C und R konnten die Myelinscheiden schneller und erfolgreicher wieder aufbauen.

Unterschiedliche Wirkung der beiden Proteine

Juliane Bauch und Andreas Faissner untersuchten auch die Mechanismen, mit denen die Proteine den Regenerationsprozess behinderten. Tenascin C limitierte die Anzahl der gebildeten Myelinscheiden. Tenascin R begünstigte das Vorhandensein des Proteins CD68, das akute Entzündungen vorantreibt. Beide Proteine sind zudem bekannt dafür, die Bewegungen von Oligodendrozyten einzuschränken. Außerdem limitieren sie während der Wiederherstellung der Myelinmembranen die Entstehung des Proteins MBP, das für die Bildung von Myelinmembranen wichtig ist.

„Unsere Forschungsergebnisse eröffnen neue Therapieansätze zur Behandlung von demyelinisierenden Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose. Der Einfluss der Extrazellulären Matrix auf die Wiederherstellung der Myelinmembranen ist enorm und könnte zukünftig ein wichtiges Target für die Therapie werden“, resümiert Juliane Bauch.

Förderung

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte die Arbeiten im Rahmen des Projekts mit dem Förderkennzeichen FA 159/24-1, Grant-Nummer 407698736.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Juliane Bauch
Lehrstuhl für Zellmorphologie und Molekulare Neurobiologie
Fakultät für Biologie und Biotechnologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 25812
E-Mail: juliane.bauch@rub.de

Originalpublikation:

Juliane Bauch and Andreas Faissner: The extracellular matrix proteins tenascin-C and tenascin-R retard oligodendrocyte precursor maturation and myelin regeneration in a Cuprizone-induced long-term demyelination animal model, in: Cells, 2022, DOI: 10.3390/cells11111773

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

Media Contact

Dr. Julia Weiler Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer