Reptilienauge als Vorbild für Kameratechnik

Wertvolle Hinweise für die Weiterentwicklung optischer Geräte wie Kameras und Kontaktlinsen bietet die Erforschung des Auges des Geckos.

Dieses Reptil ist Meister im Farbensehen, da es auch in Dunkelheit Farben unterscheiden kann. Wie das funktioniert, haben Zellbiologen der schwedischen Universität Lund entschlüsselt. Im Fachmagazin Journal of Vision berichten sie von einer Reihe verschiedener konzentrischer Zonen im Geckoauge, deren multifokale Funktionsweise auf unterschiedlichen Brechkräften beruht.

Untertags verwenden Geckos diese verschiedenen konzentrischen Zonen nicht. „Man nimmt an, dass sie während des Tages auf monofokale Sicht umstellen“, berichtet Forschungsleiterin Lina Roth.

Im Unterschied zu Säugetieren verlassen sich Geckos und andere Reptilien nachts vor allem auf die Zapfen der Netzhaut. Darunter versteht man Photorezeptoren spezialisierter Sinneszellen im Auge, die für die räumliche Wahrnehmung und das Farbensehen zuständig sind. Durch diese Spezialisierung auf Zapfen ist die Lichtwahrnehmung der Geckos jener des Menschen um das 350-fache überlegen. Zugute kommt den Tiere dabei ein multifokales System, durch das sie auf der Netzhaut gleichzeitig Lichtstrahlen aus verschiedenen Wellenlängen abbilden. Daneben schaffen sie es, sich gleichzeitig auf mehrere Objekte in unterschiedlichen Entfernungen scharf zu stellen und somit ein Bild von mindestens zwei Sehtiefen zu erhalten.

Zu diesem Ergebnis führte die Forscher eine schmerzfreie Methode zur Gewinnung optischer Daten von lebenden Tieren. Dafür wandelten sie die Wellenfront-Untersuchung durch den sogenannten Hartmann-Shack-Sensor ab, den die Augenheilkunde zur Vermessung von Abbildungsfehler des menschlichen Auges verwendet. „Bisher musste man operieren oder den Kopf fixieren, um das Auge lebendiger Tiere zu untersuchen. Nun konnten wir zeigen, dass man hochauflösende Bilder der Wellenfront des Gecko-Auges auch ohne absolute Kontrolle des Blicks oder der Anpassung des Tierauges erreicht“, so Roth.

Ein weiterer Faktor, der die Sicht von Geckos und anderen Reptilienarten nachts verbessert, ist eine spezielle Konstruktion ihrer Netzhaut. „Geckos besitzen im Unterschied zum Menschen einen vierten Zapfentyp“, berichtet der Reptilienspezialist Kornelis Biron http://www.reptilientierarzt.de im pressetext-Interview. Während Menschen über Zapfen für Blau-, Grün- und Rotrezeption verfügen, wird die Farbmetrik der Geckos auch durch einen weiteren Zapfentyp bestimmt, mit dem die Tiere Teile des ultravioletten Bereiches wahrnehmen. „Damit sehen Geckos auch Licht von 200 bis 380 Nanometer Wellenlänge“, so Biron.

„Menschen sehen bei Dunkelheit durch die Stäbchen ihrer Netzhaut, wobei diese zugunsten der Empfindlichkeit an Auflösung einbüßt“, erklärt der Neurophysiker Kristian Franze von der Universität Cambridge http://www.bss.phy.cam.ac.uk gegenüber pressetext. Die Nachtsicht der Geckos sei hingegen nicht mit einem Nachtsichtgerät zu vergleichen, das ja nur ein monochromatisches grün-weiß-Bild durch Verstärkung liefern kann, sondern vielmehr mit einer permanenten Taschenlampe. Um den Lichteinfall ihrer großen Augen zu regeln, verwenden die Tiere ihre Pupille, die sie bei viel Licht fast vollständig schließen können. Ganz ohne Licht kommen die extrem empfindlichen Zapfen jedoch nicht aus. „Bei völliger Dunkelheit sehen auch Geckos nichts“, so Franze.

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Johannes Pernsteiner pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.lu.se

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