Quartiertypologie – Ein neues Bild der Schweizer Städte

Eine im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung“ (NFP 54) erarbeitete Quartiertypologie ermöglicht, die Quartiere der Schweizer Städte analog zu den Gemeinden darzustellen und in ihrer demografischen und städtebaulichen Entwicklung zu beobachten. Ein Resultat besagt, dass die Städte bezüglich der sozialen Durchmischung grosse Unterschiede aufweisen.

Die Auswertung statistischer Daten auf der Ebene der Gemeinde, wie sie für zahlreiche Analysen verwendet wird, kann die innere Struktur der bevölkerungsreichen Stadtgemeinden nicht abbilden. So erscheint in der kartografischen Darstellung die Stadt Zürich als „Wasserkopf“ am Ende des Zürichsees, obwohl die Unterschiede innerhalb der Stadt weit grösser sind als in den benachbarten Agglomerationsgemeinden.

Mit dem Ziel, die städtischen Quartiere bei der statistischen Analyse wie die Gemeinden zu behandeln, hat das Forschungsteam um Martin Schuler von der ETH Lausanne eine Quartiertypologie entwickelt. Sie umfasst 13 Kategorien, darunter die Typen metropolitanes Cityquartier, touristisches und reiches Quartier. Die Anwendung der Typologie auf die 17 grössten Schweizer Städte bringt Überraschendes zu Tage. Im Norden Zürichs beispielsweise zeichnet sich auf der Achse Glatttal-Zürich-Limmattal deutlich ein dichtes Arbeitsplatzgebiet ab, während sich die Zürcher „Goldküste“ in den reichen Stadtzürcher Quartieren wie Witikon oder Zürichberg fortsetzt.

Unterschiedliche Segregation
Die Analyse der Bevölkerungsverteilung auf der Basis ihrer nationalen Herkunft zeigt etwa, dass Deutsche, Italiener und Nordeuropäer in reichen Quartieren besonders stark vertreten sind, in den Stadtrand-Quartieren der Grossstädte neben Deutschen und Italienern auch Franzosen, Spanier, Portugiesen sowie Personen aus Ex-Jugoslawien wohnen. Verteilen sich Deutsche und Italiener eher gleichmässig über die verschiedenen Stadtquartiere, konzentriert sich die Bevölkerung aus Nordeuropa, Asien, Spanien, Portugal und Ex-Jugoslawien auf einzelne Quartiertypen.

Dabei bestehen zwischen den Städten deutliche Unterschiede. Besonders hoch ist die Segregation bestimmter Nationalitäten in Luzern, Basel und Bern. Hier ist auch die Absonderung hinsichtlich der Altersstruktur der Bevölkerung besonders ausgeprägt, ganz im Gegensatz zu Genf. Lausanne und Winterthur weisen vor allem in Bezug auf die Nationalitäten gut durchmischte Quartiere auf.

Lärmgeplagte Spitäler
Grosse Unterschiede zwischen den Quartiertypen bestehen auch hinsicht-lich der Einwohnerdichte. In den dichten Wohnquartieren am Rande der Citys leben im Durchschnitt doppelt so viele Menschen wie in den reichen Quartieren oder am Stadtrand. Ausserordentlich dicht wohnt man in Basel, Lausanne und Genf, während Bern und Winterthur eine lockere Wohnbaustruktur aufweisen. Die Belastung durch den Strassenlärm erreicht in Heim- und Spitalquartieren Spitzenwerte. Besonders ruhig ist es aber nicht etwa in den reichen Quartieren, sondern in den Wohnquartieren am Stadt-rand. Diese beiden Quartiertypen weisen die besten Umwelt- und Lebensbedingungen auf.

Die durch die Quartiertypologie ermöglichten Analysen können für Stadtplanung und Städtemanagement ein wertvolles Instrument werden. Dank ihnen können sich die Behörden ein genaueres Bild der anzustrebenden Siedlungsdichte machen.

Kontakt:
Prof. Martin Schuler
ETH Lausanne
Communauté d'études pour l'aménagement du territoire (Ceat)
1015 Lausanne
Tel.: 021 693 34 24
E-Mail: martin.schuler@epfl.ch

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