Pragmatismus und/oder Theorie sozialer Praktiken? – Potenziale einer Theoriedifferenz

Gegenstand ist ein zentrales Problem der neueren soziologischen Theoriedebatte: Soziologische Erklärungen brauchen eine Sozialtheorie, die nicht nur den rationalen Akteur kennt, der – in souveräner Distanz zur Situation – kalkulierend seine Zwecke verfolgt.

Einen wichtigen Beitrag, gerade was kultursoziologische Fragen angeht, leistet hier die Diskussion über „soziale Praktiken“. Sie rückt das Moment des nichtreflektierten Handelns in den Vordergrund; die Körperlichkeit des Handelns; die Rolle der Dingwelt in Prozessen sozialer Ordnungsbildung. Damit zielt sie darauf, die handelnden Subjekte ihrerseits als soziale Produkte zu begreifen.

Mit dem Erfolg dieser Perspektive zeigen sich aber ihre Probleme: Wird die Entstehung personaler Identitäten und entsprechender Handlungsmuster hier nicht zu rasch auf Machtverhältnisse zurückgeführt? Führt die Idee, dass soziale Ordnung auf nichtreflektierten Routinen aufbaut, die durch die Körperlichkeit des Handelns und die Materialität der Situation gestützt werden, nicht zu übertriebenen Stabilitätsannahmen? Muss dieses Verständnis der Körperlichkeit des Handelns, wie auch das Verständnis der Rolle materieller Artefakte, nicht zumindest ergänzt werden?

Hier lohnt es sich, die pragmatistische Tradition aufzunehmen, die von einer ähnlichen Problemstellung ausgeht, aber andere Lösungen vorschlägt: ein Konzept nichtreflektierten Handelns, das auf das Wechselspiel von Routine und Reflexion achtet; ein anderes Verständnis der Körperlichkeit des Handelns und der basalen Sozialität des Subjekts; jeweils mit Konsequenzen für die Analyse sozialer Ordnungsbildung. Diskutiert werden sollen u.a. folgende Fragen: Welche Potenziale und welche Grenzen der pragmatistischen Perspektive zeigen sich, wenn man sie mit der Debatte über „soziale Praktiken“ konfrontiert?

Bieten diese Perspektiven Konzepte an, die einander ergänzen und sich verbinden lassen? Gibt es – etwa in den neueren französischen Beiträgen – bereits Ansätze einer geglückten Verbindung? Wo handelt es sich um unvereinbare Theorieoptionen, deren Kenntnis aber zur Schärfung der Konzepte und zur Klärung der möglichen Theoriestrategien beiträgt?

Organisiert wird die Tagung von Hella Dietz (Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Soziologie), Frithjof Nungesser (Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Soziologie) und Andreas Pettenkofer (Max-Weber-Kolleg) mit Unterstützung der Sektion Kultursoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Veranstaltungsort ist das IBZ, Michaelisstr. 38. Die Veranstalter bitten um Anmeldung per Mail an ilona.bode@uni-erfurt.de, damit sie allen Teilnehmern vor der Tagung die Thesenpapiere zuschicken können.

Das Tagungsprogramm finden Sie auf der Website des Max-Weber-Kollegs unter: www.uni-erfurt.de/fileadmin/public-docs/Max-Weber-Kolleg/6-pdfs/Tagungen/2013-05-24-25_Flyer_praktiken.pdf.

Nähere Informationen / Kontakt:
Dr. Bettina Hollstein
E-Mail: bettina.hollstein@uni-erfurt.de

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Carmen Voigt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-erfurt.de

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