Pathologie-Kongress: Forscherkooperationen ermöglichen zielgenauere Diagnose und Therapie von Krebs

„Die differenzierte Diagnose des Krebses und seiner molekularen Eigenschaften durch den Pathologen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Heilung oder eine adäquate Therapie“, erklärt Prof. Gustavo Baretton, Präsident der diesjährigen DGP-Jahrestagung und Direktor des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden.

In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass nur eine enge nationale und internationale Kooperation verschiedener Fachgebiete zu effektiven neuen Diagnose- und Therapieansätzen führt. International erfolgreiche „Translationale Medizin“ entsteht dann, wenn Grundlagenwissenschaftler (Molekularbiologen, Genetiker, Biochemiker, Chemiker, Physiker und IT-Experten) mit Ärzten verschiedener Fachrichtungen (zum Beispiel Onkologen, Strahlentherapeuten, Nuklearmedizinern und Pathologen) kooperieren, um neue Wege bei der Diagnose und Therapie zu gehen. „Diese Art der interdisziplinären Forschung hat die differenzierte Diagnose bösartiger Tumore enorm verbessert“, sagt Prof. Gustavo Baretton. So gelingt es, Krebszellen und ihre Eigenschaften noch exakter zu bestimmen.

„Je mehr wir über die einzelnen Tumorzellen und ihre Struktur wissen, umso exaktere und zielgenauere Medikamente können wir entwickeln und nutzen“, so Baretton weiter. Bei der so genannten molekularen Diagnostik verstehen sich Pathologen als Schnittstelle zwischen klinischer Medizin und Grundlagenforschung. Die moderne Pathologie einschließlich Molekularpathologie hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und ermöglicht heute in den meisten Fällen nicht nur eine schnelle und zuverlässige Aussage zur Prognose sondern auch genauere Vorhersagen zum Ansprechen zielgerichteter Therapieformen (Prädiktion).

Zielgenauere Behandlung von Dickdarm- und Magenkrebs
Dickdarm- und Magenkrebs sind auf der ganzen Welt sehr häufige Tumorarten. Jedes Jahr erkranken mehr als 900.000 Menschen an Magenkrebs und mehr als eine Millionen Menschen an Dickdarm- beziehungsweise Enddarmkrebs. Translational arbeitende Forscherteams haben in einem Teil der Krebszellen im Magen einen hohen Gehalt an wachstumsfördernden Proteinen (EGFR/HER-2) entdeckt. Die lassen sich durch eine medikamentöse Blockade „stilllegen“ bzw. blockieren. „Rund ein Viertel der Patienten mit Magenkrebs weist diese Veränderung auf und hier haben wir die Chance, den Krebs mit neuen Medikamenten zielgenau und erfolgreich zu therapieren“, sagt Prof. Gustavo Baretton.
Beim Dickdarmkrebs konnte in etwa 40 Prozent der Fälle eine Veränderung des K-Ras Signalproteins nachgewiesen werden (hervorgerufen durch Mutationen im Kodon 12/13). Durch Nachweis dieser Veränderung kann das Ansprechen auf bestimmte Therapieansätze vorhergesagt werden. „Nur durch die intensive Kooperation der verschiedenen Disziplinen konnten diese Fortschritte in der Krebstherapie erzielt werden“, ergänzt Baretton. Der 53-jährige Pathologe ist ein ausgewiesener Experte im Bereich der Pathologie des Magen-Darm-Traktes und Präsident der diesjährigen DGPJahrestagung. Nicht nur an der Erforschung dieser Mechanismen, sondern auch an deren routinemäßigem Nachweis zur Therapieplanung haben Pathologen einen enormen Anteil. „Bisher war es extrem schwierig, solche Veränderungen im Krebsgewebe zu identifizieren. Die Forschung in der Pathologie hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Heute führen wir diese Gewebeuntersuchungen bei Patienten mit fortgeschrittenem Dickdarm- bzw. Magenkrebs routinemäßig durch, wenn eine zielgerichtete Therapie geplant ist. So können wir das Überleben von Patienten zum Teil um mehrere Monate verlängern“ erklärt der Pathologieexperte weiter. „Diese Spezialtests spielen eine immer wichtigere Rolle bei der Selektion von Patienten für bestimmte Therapieschemata: Es wird nur dann eine Therapie durchgeführt, wenn die untersuchten Tumoreigenschaften eine berechtigte Aussicht

auf Erfolg haben. Damit lassen sich unnötige Belastungen für die Patienten und erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem vermeiden.“

Verbesserte Heilungschancen bei schwarzem Hautkrebs
Neue Erkenntnisse gewannen Forscher auch beim „schwarzen Hautkrebs“ (Malignes Melanom), der in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Bis vor kurzem waren die Prognose für diese Tumorart im fortgeschrittenen Stadium ungünstig und die Therapiemöglichkeiten äußerst begrenzt. Neue Erkennungsverfahren in der Pathologie haben die Heilungschancen jedoch verbessert: Bei der Entstehung des Melanoms verändert sich ein wichtiger Eiweißstoff (sogennantes BRAF). Mithilfe einer modernen Diagnosemethodik in der Pathologie können Ärzte die Mutation des BRAF-Proteins nun identifizieren – etwa 40 bis 60 Prozent des fortgeschrittenen „schwarzen Hautkrebses“ zeigen solche Veränderungen. „Wenn wir diese Mutation im Melanomgewebe feststellen, können spezielle, zielgenau wirkende Medikamente (BRAF-Inhibitoren) eingesetzt werden. Diese blockieren das veränderte BRAF-Protein und führen in einigen Studien zu einer deutlichen Verbesserung der ansonsten sehr schlechten Prognose“, sagt Prof. Manfred Dietel, Direktor des Instituts für Pathologie an der Berliner Charité und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pathologie. Vorläufige Ergebnisse einer internationalen Studie mit 675 Patienten aus 104 verschiedenen Behandlungszentren (BRIM 3) haben gezeigt, dass die geschätzte Überlebensrate nach sechs Monaten um 20 Prozent nach BRAF-Blockade höher liegt.
Kontakt
Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus Dresden
Institut für Pathologie
Direktor: Prof. Dr. med. Gustavo Baretton
Telefon: 0351 458 30 00
E-Mail: gustavo.baretton@uniklinikum-dresden.de
Dr. med. Michael Muders
Telefon: 0351 458 30 41
E-Mail: michael.muders@uniklinikum-dresden.de

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Holger Ostermeyer idw

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