Bei Passwort Futter: Singvogelkinder lernen Bettelgesang schon im Ei
Parasitische Kuckucksbabys, die die Parole nicht kennen, gehen leer aus. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Sonja Kleindorfer von der Flinders University im australischen Adelaide und mit Beteiligung von Herbert Hoi und Matteo Griggio von der Vetmeduni Vienna hat diese Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht.
Wenn junge Prachtstaffelschwänze (superb fairy-wrens, Malurus cyaneus), eine australische Singvogelart, von ihren Müttern gefüttert werden wollen, brauchen sie ein Passwort. Das hat ihnen ihre Mutter schon als Embryos im Ei beigebracht, sie hat es den Eiern vorgesungen. Einmal geschlüpft, bauen die Jungen diese Gesangspassage in ihre Bettelrufe ein. Mit diesem erstaunlichen Beispiel von Lernen schon vor der Geburt können Prachtstaffelschwanz-Eltern ihre eigenen Nachkommen von denen parasitierender Kuckucke unterscheiden, die in deren Nest eingedrungen sind. Die Weibchen bringen den Passwortgesang auch ihrem Partner und anderen Bruthelfern bei, indem sie ihnen das Passwort in einer Art Werbegesang abseits des Nests vorsingen. Eltern und Bruthelfer füttern nur Jungtiere, deren Bettelrufe das Passwort enthalten. Sonst geben die Eltern ihr Nest auf und bauen ein neues.
Zufällig entdeckt
Das Forschungsteam unter der Leitung von Sonja Kleindorfer von der Flinders University in Adelaide, Australien, zu dem neben Wissenschaftlern aus den USA auch Herbert Hoi und Matteo Griggio vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) gehören, entdeckten dieses Verhalten eher per Zufall, als sie die Alarmrufe der Prachtstaffelschwänze studierten, die sie bei Gefahr durch Raubtiere ausstoßen: Sie beobachteten, dass die Mütter ihren Eiern im Nest vorsangen.
Später fanden die Forschenden zudem heraus, dass die Bettelrufe der Jungen sich von Nest zu Nest unterscheiden. „Der Durchbruch dafür, zu verstehen, was da passiert, war die Entdeckung, dass die Jungen spezielle Teile des Rufs der Mutter nach dem Schlüpfen in ihren Bettelgesang einbauten. Anders gesagt, die Jungen verwenden ein Passwort“, schildert Herbert Hoi die Entdeckung dieses bislang einzigartigen Kommunikationsverhaltens bei Vögeln.
Lernende Embryos
Wenn die Forschenden die Eier einer Mutter mit denen einer anderen austauschten, lernten die Jungen den Passwortgesang der Stiefmutter. Das weist darauf hin, dass die Jungen die Passwörter tatsächlich gelernt hatten. Zudem konnten die Elterntiere vom Füttern abgehalten werden, wenn man ihnen einen falschen Bettelgesang aus einem Lautsprecher unter dem Nest vorspielte.
Ursprung mütterlicher Tradition?
Diese Ergebnisse zeigen, dass Merkmale, die zunächst wie angeboren wirken, auch durch Lernen entstehen können. Diese Fähigkeit zum Lernen ist in der Evolution von großer Bedeutung, vermuten die Forscher. „Wir konnten zeigen, dass Weibchen, die ihren Nachwuchs bewachen und unterrichten, auch kulturelle Merkmale besser an die nächste Generation weitergeben können, als Männchen“, erklärt Hoi die Ergebnisse des Teams.
Der Artikel “Embryonic Learning of Vocal Passwords in Superb Fairy-Wrens Reveals Intruder Cuckoo Nestlings” der Autoren Diane Colombelli-Négrel, Mark E. Hauber, Jeremy Robertson, Frank J. Sulloway, Herbert Hoi, Matteo Griggio und Sonia Kleindorfer wurde in der Zeitschrift “Current Biology” (Volume 22, Issue 22, 20 November 2012, Pages 2155–2160) veröffentlicht.
Zusammenfassung des wissenschaftlichen Artikels online (Volltext gegen Entgelt oder Subskription):
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982212011256
Rückfragehinweis
Dr. Herbert Hoi
Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung
Veterinärmedizinische Universität Wien
T +43 1 4890915-824
herbert.hoi@vetmeduni.ac.at
Aussender
Mag. Klaus Wassermann
Public Relations/Wissenschaftskommunikation
Veterinärmedizinische Universität Wien
T +43 1 25077-1153
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